Workshop Applied Data Analysis
Ein gekonnter Umgang mit Daten ist in der heutigen Zeit vielerorts gefragt. Die Universität Luzern bietet Studierenden der Wirtschaftswissenschaften dazu eine Reihe von Vorlesungen und Seminaren. Im "Workshop in Applied Data Analysis» von Prof. Dr. Lukas Schmid lernen sie, wie man ein angewandtes Datenprojekt durchführt. Lukas Blohm, Masterstudent und Teilnehmer des Workshops erzählt uns im Interview, wie er diesen erlebt hat.
von Lynn Helfenstein
Wieso hast du dich für den Workshop in Applied Data Analysis entschieden?
Lukas: Der Hauptgrund ist wahrscheinlich, dass der Workshop sehr offen angelegt ist. Man kann sich eine Fragestellung aussuchen und eigene Datenquellen miteinbringen. Zudem hatte ich im Verlauf des Studiums noch ein paar halbfertige Ideen, die ich teilweise im Workshop weiterentwickeln konnte.
Was ist der Inhalt des Workshops?
Lukas: Der Workshop gleicht einer Abschlussarbeit. Es ist eigentlich eine Abschlussarbeit ohne den ganzen schriftlichen Teil, dafür mit starkem Fokus auf das Programmieren. Wie bereits gesagt, sucht man sich eine Fragestellung und passende Daten und überlegt sich anschliessend, wie man die Fragestellung mit diesen Daten beantworten kann. Das Projekt kann man alleine oder in Zweiergruppen durchführen. Zum Abschluss präsentiert man seine Ergebnisse vor den Mitstudierenden.
Es ist eigentlich eine Abschlussarbeit ohne den ganzen schriftlichen Teil, dafür mit starkem Fokus auf das Programmieren.
Wie gut müssen die Vorkenntnisse im Bereich Programmieren sein, um den Kurs zu meistern?
Lukas: Der Workshop fokussiert auf angewandte Programmier-Kompetenzen. Ich würde allerdings nicht sagen, dass man viele Vorkenntnisse haben muss. Irgendwo muss man es ja lernen – und das ist nur in der Praxis möglich. Deshalb ist es günstig, wenn man es in einem Workshop lernt, bei dem man eine Fragestellung selbst auswählen kann und dabei Unterstützung bekommt. Im Verlauf des Workshops hatte jede Gruppe zudem mindestens zwei Feedback-Gespräche, was ebenfalls sehr hilfreich war.
Zu Beginn stellte Prof. Schmid eine kleine Beispielarbeit vor, bei der er selbst einen Programmiercode geschrieben hatte. Für einige Teilnehmende diente dieser als Grundlage für den eigenen Programmier-Code; grundsätzlich war es jedoch so, dass man diesen selbst erarbeitet hat.
Ist der Workshop eher anspruchsvoll für Bachelor-Studis?
Lukas: Es kommt natürlich darauf an, welche Ziele man sich setzt. Klar, man kann sich etwas vornehmen und das kann dann auch nicht klappen. In einem solchen Fall würde der Professor die Studis aber sicherlich unterstützen und sie etwas bremsen. Ich habe eine empirische Abschlussarbeit im PPE-Bachelor gemacht habe, da hätte ich so ein Kurs liebend gerne vorher besucht. Rückblickend hätte dies einiges einfacher gemacht. Von dem her: bloss nicht abschrecken lassen von Fehlermeldungen beim Programmieren.
Bloss nicht abschrecken lassen von Fehlermeldungen beim Programmieren.
An welcher Forschungsfrage hat deine Gruppe gearbeitet?
Lukas: Wir haben den Brexit untersucht und mit der Synthetic Control-Methode geschaut, welche Auswirkungen dieser auf die Wirtschaftsleistung Grossbritanniens hatte. Die Methode zielt darauf ab, eine vergleichende Kontrolleinheit zu generieren, welche die Wirtschaftsleistung Grossbritanniens ohne Brexit so präzise wie möglich nachbildet. Dazu nutzt man verschiedene Wirtschaftsdaten vergleichbarer Länder vor dem Zeitpunkt des Brexits. Anschliessend kann der Verlauf der Kontrolleinheit nach dem Brexit ermittelt werden, welcher als Schätzung für Grossbritannien ohne EU-Austritt dient. Durch den Vergleich der Daten von dem echten und dem synthetischen (nachgebildeten) Grossbritannien kann man abschliessend abschätzen, welche Veränderungen durch den Brexit hervorgerufen wurden und welche nicht.
Was waren eure Erkenntnisse?
Lukas: Interessenterweise konnten wir keine ausgeprägten Effekte nachweisen. Das würden wir aber nicht überinterpretieren, weil es sicherlich noch methodisches Verbesserungspotenzial gibt. Wir haben die Gesamtwirtschaftsleistung Grossbritanniens überprüft, für die sich gut eine Kontrolleinheit entwickeln liess. Aber die Wirtschaftsleistung zeigte keinen wirklichen Effekt, der durch den Brexit hervorgerufen wurde, was ein wenig verwunderlich ist. Zusätzlich untersuchten wir die Fahrzeugproduktion, als Industrieindikator, der vom Brexit direkt betroffen sein könnte. Dafür haben wir Daten vom Internet umfangreich «ge-scraped». Sprich, wir haben öffentlich zugängliche Daten von Webseiten extrahiert und gespeichert, um diese anschliessend zu analysieren. Aber auch dort haben wir keinen Effekt gefunden. Dies lag jedoch eher daran, dass es nicht möglich war, eine glaubwürdige Kontrolleinheit zu konstruieren.
Wirst du das Projekt weiterverfolgen?
Lukas: Ich bin kurz vor dem Abschluss des Studiums, von dem her eher nicht. Ich weiss allerdings nicht, wie es bei meinem Gruppenpartner aussieht. Er ist noch auf Themensuche für die Abschlussarbeit und die Fragestellung könnte vielleicht etwas für ihn sein. Dafür könnte man den Datensatz verfeinern, zum Beispiel durch eine besser fundierte Auswahl an Ländern und Variablen sowie durch Anpassungen des Untersuchungszeitraums.
Hast du bereits eine Idee für deine Masterarbeit?
Lukas: Ja, ich bin mit meiner Masterarbeit momentan in der finalen Phase. Der Titel meiner Masterarbeit lautet: The Role of Covariates in Synthetic Difference in Differences with an Application on the Municipal Merger of Glarus. Wer den Workshop besucht hat, sollte den Titel zumindest ansatzweise verstehen können (lacht).
Inwiefern nützt dir dabei die Teilnahme am Workshop in Applied Data Analysis?
Lukas: Es gab Überschneidungen. Ich habe Ideen und Erkenntnisse von der Masterarbeit in das Projekt eingebracht und umgekehrt. So hat sich dies gegenseitig begünstigt. Jedoch setzte ich in meiner Masterarbeit nicht exakt die Methoden des Workshop-Projekts ein, sondern eher Weiterentwicklungen davon.
Welchen Studierenden würdest du den Workshop weiterempfehlen?
Lukas: Grundsätzlich kann ich den Workshop allen empfehlen. Am meisten kann man vom Workshop profitieren, wenn man am Anfang des Studiums ist und empirische Abschlussarbeiten noch vor sich hat. Aber auch sonst macht man natürlich nichts falsch, wenn man sich mit Programmieren und der empirischen Forschung beschäftigt. Besonders gut gefallen hat mir die Freiheit der Themenwahl, sodass man sich die Schwerpunkte selbst setzten konnte. Auch die Durchmischung der Bachelor- und Master-Studis fand ich spannend, wobei auf die verschiedenen Vorkenntnisse eingegangen wurde. Insgesamt war es eine lockere Angelegenheit.
Lukas Blohm
Lukas Blohm ist im letzten Semester des Masterstudiums in der Spezialisierung «Applied Data Science» und befindet sich damit auf der Zielgeraden seines akademischen Werdeganges an der Uni Luzern. Den Bachelor hat Lukas ebenfalls an der Uni Luzern absolviert, allerdings nicht in Wirtschaftswissenschaften, sondern in PPE (Philosophie, Politics and Economics) mit Major Ökonomie. Nebenbei arbeitet er seit rund einem Jahr für das Forschungsinstitut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) als studentische Hilfskraft im Bereich Fiskalpolitik.