Tagungsberichte
Workshop: Revidierte AGB des ASTAG auf dem Prüfstand
Ziel des Workshop an der Universität Luzern zu den FHHB des ASTAG war es, diese AGB zu erläutern, aber auch in einen grösseren logistischen Zusammenhang zu stellen und dabei insbesondere auf das Zusammenspiel mit den AB Spedlogswiss einzugehen.
In seinem einleitenden Referat zeigte Prof. Dr. Andreas Furrer (Universität Luzern / KOLT und MME Legal ¦ Tax ¦ Compliance, Zürich/Zug) auf, dass das Transportgewerbe heute in der Regel als Teil eines Netzwerk mit verschiedenen Playern zu verstehen ist. Diese Player verfolgen naturgemäss jeweils unterschiedliche Interessen und regeln diese auch in ihren AGB. Daher sollten die einzelnen AGB wie die FHHB oder die Spedlogswiss auch in diesem Gesamtkontext verstanden und ausgelegt werden. Er wies auf die Veränderungen in Deutschland hin, wo seit dem 1. Januar 2016 die ADsP nicht mehr wie seit 90 Jahren die gemeinsame AGB der Verlader und Spediteure seien. Vielmehr haben die Verlader mit den DTLB nun eigene AGB erlassen. In einem Vergleich dieser AGB, der FHHB und der Spedlogswiss zeigte er auf, dass insbesondere die logistikbezogenen Aufgaben und Verantwortlichkeiten unterschiedlich geregelt wurden. Er kam zum Schluss, dass moderne transport- und speditionsrechtliche AGB ihren jeweiligen Anwendungsbereich sorgfältig definieren, und ein ausgewogenes Verhältnis von Rechten und Pflichten und den sich daraus ergebenen Verantwortlichkeiten festlegen sollten. Inhaltlich sollten die Voraussetzungen und Rechtwirkungen der elektronischen Kommunikation, die Anforderungen an Verpackung, Kennzeichnung besonderer Güter, an Geheimhaltungsklauseln und die Pflichtverteilung bei der Einhaltung von Vorgaben aus Exportrestriktionen (Trade Compliance) kritisch geprüft werden.
Schliesslich ging Nando Stauffer von May (gbf Rechtsanwälte, Zürich) auf die FHHB ein und zeigte im Einzelnen deren Anpassungen auf. Einleitend wies er auf die Einbindung der FHHB als Ziff. 5 der Kalkulationsgrundlagen der ASTAG hin und betonte, dass nach herrschender Auffassung ein vertraglicher Hinweis auf die FHHB nicht die Kalkulationsgrundlagen als Ganzes, sondern ausschliesslich die FHHB zur Anwendung bringe. Inhaltlich regelten die FHHB vordergründig lediglich die Haftung. Bei einer genaueren Betrachtung seien aber auch die Verwirkung/Verjährung, die Versicherung, die Ladehilfsmittel, die Verrechnung sowie Gerichtsstand und anwendbares Recht erfasst. Dieser Regelungsbereich sei im Vergleich zu anderen transport- und speditionsrechtlichen AGB eher eng. Er zeigte die Anpassungen der FHHG im Einzelnen auf und beurteilte diese im Vergleich zur Vorfassung der AGB als gelungen und angemessen. Er wies darauf hin, dass keine Regelung von Pflichten des Frachtführers zu finden seien, wonach sich dieser in die gesamte Logistikkette ("Supply Chain") eingliedern müsse. Er beendete seinen Vortrag mit der Frage, ob es nicht an der Zeit sei, ein umfassendes AGB-Regelwerk zu entwerfen, das über den bisherigen Regelungsumfang hinausginge, was zu mehr Rechtssicherheit führen würde.
Ruedi Matti, schon seit vielen Jahren Bereichsleiter Gütertransport und Sozialpolitik der ASTAG, zeigte in seinem Referat auf, wie es historisch zu den heutigen Kalkulationsgrundlagen und der darin inkludierten FHHB kam. Er wies auf die schwierige Ausgangslage seiner Mitglieder hin, die "an der Front" mit grossen praktischen Problemen zu kämpfen haben. Die Be- und Entladeinfrastrukturen seien nicht immer "topmodern", die Rampenmitarbeiter nicht immer "up to date". Er zeigte auf, dass physische und administrative Auftragsabwicklungsprozesse über mehrere Schnittstellen laufen, dass Güter häufig nicht normiert und homogen seien, aber trotzdem "transporttauglich" verpackt und versandbereit bereitgestellt werden müssten. Die bei Transportbewegung auftretenden physikalischen Kräfte seien enorm, was bei der Verpackung und bei der Verladung jeweils zu berücksichtigen sei. Dies alles führe dazu, dass die Schnittstellen in Theorie und Praxis nicht immer gleich laufen würden und er zeigte dies anhand der unterschiedlichen Risikosphären während des gesamten Transportvorgangs auf. Dies rechtfertige auch die enge Begrenzung des Risikos des Frachtführers, die er noch einmal kurz skizzierte.
Daraufhin nahm Philipp Muster, stellvertretender Direktor der Spedlogswiss, aus der Sicht der Spediteure Stellung zu den ersten drei Referaten. Er wies auf die schrittweise Entwicklung der Spedlogswiss hin. Die letzte grosse Revision stamme aus dem Jahr 1995, in den Anpassungen aus 2001 und 2005 seien lediglich zwei weitere Tätigkeitsgebiete des Spediteurs aufgenommen worden. Die Spedlogswiss seien verkehrsträgerneutral, wobei auf die Vielgestaltigkeit der Tätigkeiten des Spediteurs geachtet worden sei: Je nach Tätigkeit des Spediteurs (als Vermittler, als Frachtführer, als Lagerhalter, als Reedereiagent oder als Erbringer weiterer Dienstleistungen) sei die Haftung etwas anders ausgestaltet. Die AGB der Spedlogswiss stünden somit ergänzend zu den FHHB zur Verfügung.
Es folgte eine anregende Diskussion über die praktischen Auswirkungen der beiden AGB Regelwerke, die aufzeigte, dass insbesondere die Frage der Haftungsbeschränkung von den verschiedenen Interessensgruppen unterschiedlich beurteilt wurde. Der fachliche und persönliche Austausch wurde beim anschliessenden Apéro Riche fortgesetzt.
Prof. Dr. Andreas Furrer, Professor für Privatrecht, Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht / Direktor KOLT