Liebe Studentinnen und Studenten
Schon bald wieder ist Jahresende. Gefühlt ist das Jahr für verschiedene von uns unterschiedlich schnell durchs Leben gezogen, auch wenn alle von Corona auf Trab gehalten wurden. Die Einen huschten von Deadline zu Deadline, andere mühten sich geduldig durch Literatur, Daten und Texte, und wieder andere wechselten Tempi und switchten zwischen Beschleunigung und Verlangsamung. Seit jeher sind die Tage im Jahr gleich lang, ihr psychologisches Erleben aber variiert, und immer scheint die Zeit knapp.
Knapp an Zeit zu sein ist riskant, nicht nur im Strassenverkehr. Der Zeitsinn des homo sapiens ist taktlos. Er vergisst, er verschätzt sich und er ist ungeduldig. Das bringt Stress. In der knappen Entscheidungszeit wird das Bekannte vorgezogen, denn man hat keine Zeit, eingefahrene Denkbahnen zu verlassen. Man verlässt sich auf die Informationen die man hat und sucht keine neuen. Man kommuniziert mit Leuten, mit denen man sich rasch verständigen kann und nicht mit solchen, von denen man zeitraubende Dispute und neue Argumente zu erwarten hat. So werden Entscheidungsprozesse beschleunigt, das Anspruchsniveau gesenkt und die Entscheidungsqualität verschlechtert. Stress macht dumm.
Unsere Tage sind gezählt. Diese Zeit ist gegeben. Wir kennen sie einfach nicht. Also gestalten wir, was wir können. Die Einen bestimmen die Rhythmen, die Anderen schwingen mit. Der Zeitplan der Einen wird zum Zeitdiktat der Anderen. Die Einen haben Zeit, die Anderen sind zurzeit. Die Einen machen das Zeitregime, die Anderen verwalten es. Wer die Kontrolle über die Zeit hat, hat das Sagen. Im alten Ägypten waren das die Astronomen.
Corona hat uns gelehrt, dass Zeit ganz verschiedene Qualitäten haben kann: Flexibilität, Geschwindigkeit, Pünktlichkeit oder Dauer. Ich wünsche uns allen zum Ausklang des alten und zum Start des neuen Jahres eine gute Zeit, Gesundheit und Erfüllung.
Frohe Festtage!
Bruno Staffelbach, Rektor