"Wenn man ein klein wenig etwas gibt, kommt sehr viel zurück"
Leandra Ferrario begleitet als sogenannter "Buddy" Studierende durch ihr Austauschsemester in Luzern. Die 21-jährige Studentin des Studiengangs "Philosophy, Politics and Economics" der Universität Luzern erlebt dabei immer wieder Highlights.
Leandra Ferrario, wie lange bist du schon ein Buddy für das Erasmus Student Network (ESN) Luzern?
Leandra Ferrario: Ich habe letztes Semester als Buddy begonnen und seit diesem bin ich zudem als Koordinatorin tätig.
Weshalb hast du dich entschieden, als Buddy für ESN tätig zu sein?
Eigentlich hatte ich einfach ziemlich Lust, bei einer solchen Organisation mitzumachen. In meinem eigenen Austauschsemester hatte ich stets das Gefühl, dass Austauschstudierende viel offener und lockerer sind: Als Austauschstudi macht man einfach, worauf man Lust hat und lernt dauernd neue Menschen kennen. Dieses Gefühl wollte ich hier ein wenig weiterleben und sah im Buddy-Programm eine Chance dazu.
Wie sieht die Tätigkeit eines Buddys aus?
Als Erstes setze ich mich mit den mir zugeteilten Incomings per E-Mail in Kontakt. Meistens fragen sie mich dann bereits recht viel, wie zum Beispiel, welche SIM-Karte sie benötigen, welches Bus-Abo in ihrer Situation am meisten Sinn macht oder sie haben Fragen zu den Vorlesungen und Seminaren, die sie besuchen wollen. Anschliessend entwickelt sich das weiter per E-Mail, WhatsApp, Instagram oder wie auch immer. Meistens treffen wir uns einen Tag nach ihrer Ankunft. Dann zeige ich ihnen die Stadt, und wir erledigen organisatorische Angelegenheiten.
Und während des Semesters?
Letztes Semester habe ich mich recht oft mit ihnen auf einen Kaffee, ein Nachtessen, Spaziergänge oder Wanderungen getroffen. Oftmals hatten sie dann auch noch Fragen zu Dingen, die man als einheimische Person am besten weiss. Ein Beispiel: Eine Mobilitätsstudentin wollte wissen, wo man günstig ein Dirndl kaufen könne. Leider hatte ich letztes Semester aufgrund des Studiums selbst ziemlich viel zu tun. Ansonsten wäre ich gerne ein wenig mit den Incomings verreist. Sie machten oft Städtetrips und fragten mich jeweils, ob ich mitkommen wolle.
Wie viel Zeit verbringst du mit den Incomings pro Woche?
Meistens treffe ich sie einmal pro Woche für ungefähr zwei Stunden. Grundsätzlich basiert das Programm auf Freiwilligkeit, weswegen es keine Verpflichtungen gibt, was oder wie viel man mit den Incomings unternehmen muss.
Wie viele Incomings hast du bereits begleitet?
Letztes Semester begleitete ich drei Incomings und in diesem zwei. Das ist aber eigentlich nicht die Regel. Normalerweise ist es ein Incoming pro Buddy.
Bleibst du mit den Incomings nach ihrer Rückkehr in ihr Heimatland in Kontakt?
Mit zwei halte ich noch ein wenig Kontakt. Das wird aber wohl irgendwann aufgrund der grossen Distanz unserer Heimatländer abflachen. Denn die eine Person ist aus Kanada und die andere aus Indien, und ich werde in den nächsten zwei Jahren keines dieser beiden Länder bereisen. Ich kenne allerdings Buddies, welche gute Freunde mit den Incomings wurden und die sich gegenseitig auch regelmässig besuchen.
Was bringt dir die Teilnahme am Programm persönlich?
Für mich ist es sehr bereichernd, Menschen aus anderen Kulturen und mit anderen Ansichten kennenzulernen. Ich denke, man wird durch den Austausch mit den Incomings selbst offener und baut Vorurteile ab. Zudem hat sich auch mein Englisch verbessert. Die Vertiefung einer Fremdsprache ist übrigens ein Grund, weshalb viele am Programm teilnehmen. Die Tätigkeit gibt mir aber auch ein gutes Gefühl. Ich selbst hatte ein sehr cooles Mobilitätssemester, und wenn ich dazu beitragen kann, dass die Incomings hier ebenfalls einen unvergesslichen Austausch erleben, finde ich das super.
Welche Highlights hast du im Rahmen des Programmes erlebt?
Ein Highlight war für mich das International Dinner. Alle Austauschstudierenden brachten zu diesem Anlass eine Essens-Spezialität aus ihrer Heimat mit. Sie gaben sich dabei sehr Mühe. Zum Beispiel standen zwei Incomings aus Indien beinahe den gesamten Abend am Buffet und erklärten bei Bedarf, aus was ihre Spezialität besteht, wie sie heisst, wie scharf sie ist und wie man sie isst. Auch kam man am Dinner gut ins Gespräch miteinander; Essen verbindet wirklich. Ein weiteres Highlight war für mich eine Wanderung auf die Rigi. Dort hatte ich ebenfalls sehr gute Gespräche und lernte viele andere Ansichten kennen. Sonst ist man ja oft mit gleichgesinnten Personen in Kontakt, da finde ich diesen Austausch noch angenehm.
Wie erfolgt die Zuordnung von Incoming und Buddy?
In Luzern ist es so, dass ein Koordinationsteam die Paare bestimmt. Ich bin Teil dieses Teams. Wir schauen bei der Zuordnung vor allem auf Sprachkenntnisse, Alter, Bildungsinstitution und Fakultät. Die Uni Luzern, die Pädagogische Hochschule und die Hochschule Luzern haben unterschiedliche Systeme – da ist es nützlich, wenn beide dieselbe Institution besuchen und dadurch die Buddies den Incomings bei schulischen Angelegenheiten helfen können.
Wie unterstützt dich ESN bei deiner Tätigkeit?
Zu Beginn des Semesters organisiert ESN ein Mentoren-Training. Dort werden die Aufgaben erklärt und geplante Events vorgestellt. Tauchen Fragen während dem Semester auf, kann man sich damit jederzeit an ESN wenden. Die Koordinierenden des Netzwerks unterstützen dich aber auch bei anderen Problemen, beispielsweise, wenn einem das Ganze über den Kopf wächst. Ich konnte zum Beispiel einmal jemanden trotz bereits getätigter Zusage nicht vom Flughafen abholen, da übernahmen sie das für mich. Als jetzige Koordinatorin versuche ich, diese Unterstützung für die Buddies beizubehalten und mit ihnen in Kontakt zu bleiben. So weiss ich, ob alles in Ordnung ist oder jemand Hilfe benötigt.
Was fordert dich als Buddy heraus?
Meistens ist es so, dass man als Buddy zu Beginn recht intensiv in Kontakt mit den Incomings steht. Manchmal entwickelt sich dann eine engere Beziehung daraus, manchmal flacht das Ganze aber auch ab. Dieser Zeitpunkt fordert mich jedes Mal heraus, da ich dann nicht weiss, ob ich noch mehr auf die Austauschstudierenden zugehen soll oder ob diese auf mich zukommen müssen. Für mich ist es dann jeweils einfach wichtig, dass sie wissen, dass sie sich jederzeit an mich wenden können.
Hast du auch schon Buddies aus anderen Ländern getroffen?
Nein, das leider nicht. ESN Schweiz organisiert allerdings Events, an denen man als lokales Team teilnehmen und die anderen Schweizer Teams kennenlernen kann.
Und hast du bereits einmal an einem solchen Event teilgenommen?
Ja, bei diesem ging es darum, die Organisation als solche kennenzulernen. Es gibt aber auch Workshops, die den lokalen Teams Event-Ideen vermitteln, Optimierungsbedarf aufzeigen oder als Anlaufstelle für Probleme dienen. Zudem gibt es das Sportwochenende, die sogenannten National Erasmus Games. Dort nehmen sowohl Buddies als auch Austauschstudierende aus der gesamten Schweiz teil. Es gibt bestimmt noch weitere Treffen, welche mir im Moment einfach gerade nicht einfallen.
Welche Eigenschaften sollte ein Buddy deiner Meinung nach aufweisen?
Man sollte sicherlich offen für Neues sein, denn man weiss zum Beispiel nicht, welche Nationalität die zugewiesene Person haben wird. Das ist eigentlich am wichtigsten. Meiner Meinung nach sollte man zudem, wenn man sich dazu entscheidet, mit dem ganzen Herzen mitmachen. Dabei braucht es aber nicht viel: Wenn man ein klein wenig etwas gibt, kommt von den Incomings sehr viel zurück.
Zum Buddy-Programm
Beim Buddy-Programm begleiten einheimische Studierende Mobilitätsstudierende durch ihren Austausch. Sie stehen den Incomings bei Fragen rund um Studium und Alltagsleben unterstützend zur Seite und integrieren sie in die lokale Kultur. Das Programm basiert auf Freiwilligkeit, jedoch können Studierende der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät damit Social Credits anrechnen lassen.
Lust, auch ein Buddy zu werden? Registration möglich auf der Website des Buddy-Programms oder direkt per E-Mail an luzern. @ esn.ch
Interview: Simona Gebistorf, Praktikantin Öffentlichkeitsarbeit