Luzerner entwickeln aus Seminararbeit preisgekrönte Publikation
Der Luzerner Politologieprofessor Joachim Blatter sowie Samuel Schmid und Andrea Blättler, zwei seiner ehemaligen Studierenden, sind mit dem "JCMS Best Article Prize 2017" ausgezeichnet worden. Der renommierte Preis steht am Ende eines langen Prozesses, der mit einer hervorragenden Seminararbeit begann.
Anfang September wurde der Artikel "Democratic Deficits in Europe: The Overlooked Exclusiveness of Nation-States and the Positive Role of the European Union" mit dem "2017 JCMS Best Article Prize" ausgezeichnet. Verfasst wurde die Publikation vom Luzerner Politologieprofessor Joachim Blatter sowie seinen zwei ehemaligen Studierenden Andrea Blättler und Samuel Schmid.
Die Publikation der drei Forschenden zeigt auf, dass die europäischen Nationalstaaten noch weit von einem "universellen Wahlrecht" entfernt sind und dass die Europäische Union einen deutlichen Beitrag dazu leistet, dieses Demokratiedefizit der Nationalstaaten zu reduzieren. Dieses Resultat überrascht, steht es doch im Gegensatz zur verbreiteten Annahme, dass die EU nicht nur auf europäischer Ebene an einem Demokratiedefizit leidet, sondern auch die Demokratie in den Nationalstaaten untergräbt.
Origineller Ansatz, stringente Argumentation
Allein schon die Publikation im Journal of Common Market Studies (JCMS), einer der weltweit angesehensten politikwissenschaftlichen Zeitschriften, war insbesondere für Blättler und Schmid ein grosser Erfolg; der nun verliehene Preis wird den Verlauf ihrer wissenschaftlichen Karrieren zweifellos positiv beeinflussen. Die Jury lobt den Artikel nämlich in höchsten Tönen: "Original and highly topical contribution to long-standing academic debate on democratic deficits – with a current twist; strong, original, and rigorous."
Ihren Anfang nahm die Geschichte vor über fünf Jahren. Damals meldeten sich die Bachelor-Studentin Andrea Blättler und der Master-Student Samuel Schmid für das Seminar "Zur Qualität von Demokratien und Demokratie-Messinstrumenten» an. Auf Basis der Lehrveranstaltung entwickelten sie in einer Seminararbeit den "Immigrant Inclusion Index (IMIX)".
Prof. Blatter war von der Arbeit seiner Studierenden begeistert. Er beschloss, sie bei der Weiterentwicklung des Ansatzes zu fördern. Dieser beinhaltet auf der einen Seite, Forderungen aus normativen Demokratietheorien heraus zu arbeiten und in messbare Indikatoren zu übersetzen. Auf der anderen Seite mussten geeignete Daten gesammelt und codiert werden, um Aussagen über die Situation in Europa tätigen zu können.
Grosser Einsatz für Studierende
Dass Professoren gemeinsam mit Studierenden publizieren ist alles andere als alltäglich – für Prof. Blatter aber nicht das erste Mal. Für ihn stand es immer ausser Frage, dass der IMIX ein gemeinsames Unterfangen ist. Blättler und Schmid jedenfalls sind begeistert vom Einsatz ihres Professors, mit dessen Hilfe sie aus einer grossartigen Seminararbeit (unter anderem) eine preisgekrönte Publikation entwickeln konnten.
"Das Projekt rund um den Immigrant Inclusion Index (IMIX) hat mir viele wichtige Türen geöffnet", erzählt Samuel Schmid, der inzwischen am European University Institute in Florenz doktoriert. Zusammen mit seiner Kommilitonin und ihrem Professor konnte der 32-jährige den IMIX an verschiedenen Konferenzen vorstellen, verschiedene Ergebnisse ihrer Forschung konnte das Trio in bisher sieben Publikationen präsentieren.
Über die Grenzen der Wissenschaft hinaus von Bedeutung
Andrea Blättler fügt hinzu: "Das wissenschaftliche Arbeiten ist ja nicht selten von Selbstzweifeln begleitet, gerade auch als Frau und insbesondere, wenn man einen nicht ganz konventionellen Ansatz verfolgt. Dieser Preis ist eine sehr schöne Bestätigung der Qualität unserer Arbeit."
Die Luzernerin, die derzeit einen Master an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und der Technischen Universität Darmstadt absolviert, betont schliesslich, dass die Forschungsarbeit rund um den IMIX nicht nur wissenschaftlich bedeutsam ist: "Dass die Schweiz hinsichtlich der politischen Inklusion von Menschen mit Migrationshintergrund eine der schlechtesten Demokratien Europas darstellt, ist auch ausserhalb der Welt der Wissenschaft relevant. Es gilt zu zeigen, dass der Ausschluss von Migrant*innen aus dem Stimmvolk nicht einfach ‘normal’ ist."
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