KSF-Ehrendoktor Peter Bieri verstorben
Die Kultur- und Sozialwissenschaftliche Fakultät gedenkt ihrem Ehrendoktor Peter Bieri, der nicht nur als analytischer Philosoph bekannt und geschätzt war, sondern unter dem Pseudonym Pascal Mercier auch ein höchst erfolgreicher Schriftsteller.
Peter Bieri wurde 1944 in Bern geboren und studierte Philosophie, Anglistik und Indologie in London und Heidelberg. Mit 27 Jahren wurde er an der Universität Heidelberg mit einer Arbeit über Zeit und Zeiterfahrung promoviert. Von 1990 bis 1993 war er an der Universität Marburg Professor für Geschichte der Philosophie. Von 1993 bis zu seiner Emeritierung 2007 hatte Bieri eine Professur für Sprachphilosophie an der Freien Universität Berlin inne.
Peter Bieri hat entscheidende Beiträge zur Entwicklung der analytischen Philosophie im deutschsprachigen Raum geleistet. Seine Editionen zu Texten der analytischen Erkenntnistheorie (1987) und analytischen Philosophie des Geistes (1981) sammelten beispielsweise zentrale Texte erstmals in deutscher Übersetzung. Und Bieris Einleitungen zu den Bänden bündelten eigenständige, kluge Einsichten über die Zusammenhänge und Thesen in den Diskursen.
In Das Handwerk der Freiheit (2001) gelingt es Bieri, Fragen der Willensfreiheit akademisch wertvoll und dennoch allgemein zugänglich zu diskutieren. Es bleibt ein Schlüsseltext der deutschsprachigen Debatte zu Willensfreiheit, der weiterhin in Philosophie-Seminaren gelesen wird. In späteren Abhandlungen – Wie wollen wir leben? (2011) und Eine Art zu leben: Über die Vielfalt menschlicher Würde (2013)– durchdenkt Bieri Würde mit anschaulichen Beispielen, die ein breites Publikum ansprechen.
Unter dem Namen Pascal Mercier lebte Peter Bieri sein literarisches Können aus. Sein erster Roman Perlmanns Schweigen (1995) reflektiert Interaktionen zwischen Wissenschaftler*innen und den omnipräsenten Leistungsdruck in der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Ein literarischer Welterfolg wurde der dritte Roman Nachtzug nach Lissabon (2004), die Findungskrise eines Altphilologen wurde 2013 auch verfilmt. Mit der Novelle Lea (2007) und dem Roman Das Gewicht der Worte (2020) erweiterte er sein literarisches Werk.
Das Ehrendoktorat der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät aus dem Jahr 2010 (Laudatio Peter Bieri) war ausdrücklich als ein Doppel-Doktorat verstanden, sowohl für Peter Bieris Leistungen in der analytischen Philosophie als auch für sein literarisches Oeuvre. Am 27. Juni 2023 ist Peter Bieri 79-jährig in Berlin verstorben. Die Kultur- und Sozialwissenschaftliche Fakultät verabschiedet sich von einer singulären Persönlichkeit.