Nadja El Kassar, Professorin für Philosophie mit Schwerpunkt Theoretische Philosophie, liefert eine Analyse von erkenntnistheoretischen Definitionen von Unwissenheit und zeigt so, dass oft sehr verschiedene Phänomene unter dem Label «Unwissenheit» behandelt werden. Sie entwickelt eine integrierte Konzeption von Unwissenheit, die individuelle und strukturelle Konstituenten von Unwissenheit einbindet. Auf Grundlage dieser neuen Konzeption unterscheidet sie drei Typen von Zugängen zum Umgang mit Unwissenheit: Tugendtheoretische Zugänge, die auf Aristoteles und Sokrates zurückgehen, konsequentialistische Zugänge, die sich auf William James berufen, und deontologische Zugänge, die sich bei John Locke, William Clifford und Immanuel Kant finden. Für sich genommen liefert jedoch keine dieser Optionen eine zufriedenstellende Antwort auf die Frage, wie mit Unwissenheit vernünftig umzugehen ist. El Kassar entwickelt stattdessen eine alternative, auf Maximen basierende Antwort, die Kants Maximen des sensus communis auf die Herausforderungen im Umgang mit Unwissenheit erweitert. Dieser maximenbasierte Ansatz kann auch in verschiedenen praktischen Kontexten verwendet werden, etwa beim Umgang mit Unwissenheit in der Interaktion zwischen Ärzt:innen und Patient:innen, oder in Diskussionen über die Rolle von Unwissenheit in Demokratien.

Nadja El Kassar
How Should We Rationally Deal with Ignorance? A Philosophical Study
Routledge, New York und London, September 2024

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