Synodalität eröffnet Lernfelder für die Ökumene

Für die Präsentation der Neuerscheinung «Synodale Kirche(n) und kirchliche Synodalität» wählte das Ökumenische Institut an der Theologischen Fakultät Luzern nicht die Form der klassischen Buchvernissage, sondern liess Autoren des Sammelbandes dazu «ökumenisch-theologische Perspektiven» – wie der Untertitel des Buches lautet – erörtern.

Adrian Suter, Daniel Kosch, Sandra Leis, Nicola Ottiger, Stephanos Athanasiou und Martin E. Hirzel (v. l.)

An der von der Journalistin Sandra Leis (Podcasterin beim Onlineportal kath.ch) souverän geleiteten Podiumsdiskussion vom 27. Januar beteiligten sich Vertreter vier christlicher Konfessionen mit je eigenen Konzepten und Erfahrungen von Synodalität. Durch den von Papst Franziskus angestossenen weltweiten synodalen Prozess 2021–2024 (Weltsynode) ist der Begriff zur Zeit vor allem in der römisch-katholischen Kirche stark präsent. Die Bilder der an runden Tischen konzentriert diskutierenden Bischöfe und – erstmals – nicht geweihter Gläubigen fanden Eingang in zahlreichen Medien. Und: An jedem dieser Tische fand sich eine Vertreterin, ein Vertreter einer anderen christlichen Kirche.

Synodalität: Gemeinsames trotz Unterschieden

Wie anregend der Blick über die eigene synodale Praxis hinaus ist, zeigte sich denn auch im Lauf der Diskussion immer wieder. Eine Synode ist, so sehen es alle, nicht nur eine kirchliche Form der Debatte zur Entscheidungsfindung, sondern zunächst ein Ort geistlicher Auseinandersetzung, wo mit der Hilfe Gottes nach Antworten auf die für die Kirche bedeutenden Fragen der Zeit gesucht wird, wie es Nicola Ottiger, Leiterin des Ökumenischen Instituts, eingangs hervorgehoben hatte.
Dass die Kirchen dabei unterschiedliche Formen der synodalen Beratung und Entscheidung kennen, wurde aus den kurzen Beschreibungen von Stefanos Athanasiou (orthodoxer Theologe und Erzpriester), Martin E. Hirzel (Evangelische Kirche Schweiz), Adrian Suter (Pfarrer der christkatholischen Kirche) und Daniel Kosch (Theologe und ehemaliger Generalsekretär der römisch-katholischen Zentralkonferenz) deutlich. In einigen Kirchen dienen Synoden als Beratungsorgan des entscheidenden Bischofs oder des Papstes, in anderen Kirchen können Beschlüsse nur in Übereinstimmung von Synode und Bischof gefasst werden und bedürfen der Annahme durch das Volk Gottes. Andere wieder verstehen sie als Ort der gemeinschaftlichen Entscheidungsfindung von Amtsträgern und Gläubigen. Allen gemeinsam ist jedoch, dass sich die synodal Versammelten in einer Verantwortung sehen, die den Kirchen letztlich gemeinsam aufgegeben ist.

Jede Kirche ist ganz Kirche – aber sollte von den anderen lernen

Aus Sicht der Ökumene interessierten besonders die Unterschiede, oder besser: Besonderheiten des Verständnisses von Synodalität in den verschiedenen Kirchen. Zunächst eher spasseshalber ging es den Podiumsteilnehmern darum, «ihre» Kirche jeweils als «die synodalste» darzustellen. Im für die Ökumene grundlegenden Verständnis, dass «jede Kirche ganz Kirche, aber nicht die ganze Kirche ist» (Martin E. Hirzel), biete sich gerade auch am aktuellen Beispiel der Synodalität die Chance, von- und miteinander zu lernen. Nicht zuletzt, um in einer sich stark säkularisierenden Welt den Wert des Glaubens vermitteln zu können. Denn für Menschen, die heute nach einer Form suchten, Glauben und Spiritualität zu leben, spielten konfessionelle Grenzen kaum mehr eine Rolle (Daniel Kosch). Darum gelte es heute vor allem auch bei der religiösen Bildung einen Schwerpunkt zu setzen (Adrian Suter). Dafür gebe es sehr gute Beispiele, wie auf universitärer Ebene, doch gleichzeitig praxisbezogen, das Ökumenische Institut, ebenso aber im Bereich der Schul- und kirchlichen Erwachsenenbildung.


Dass die Kirchen aller Konfessionen etwas in die Gesellschaft einbringen und für die Gesellschaft tun können, wie es der aus Luzern stammende Kurienkardinal Kurt Koch bei einer früheren Veranstaltung des Ökumenischen Instituts Luzern gesagt hatte, wurde hier gerne wiederholt. Deshalb gelte es für jede Kirche, ihre Stärke hervorzuheben, in die Öffentlichkeit zu tragen und sich nicht von negativen Schlagzeilen entmutigen zu lassen (Stefanos Athanasiou). Gleichzeitig könnten die Kirchen gerade von aktuellen Entwicklungen hinsichtlich Synodalität profitieren und ökumenisch gemeinsam vorankommen.


Ausgehend vom Begriff Synodalität zeigte diese Diskussion einmal mehr, wie relevant und dringlich das Miteinander der Kirchen für die Weitergabe des Glaubens heute ist. Nach dem Podium, so Nicola Ottiger abschliessend, werde denn auch kein Punkt, vielmehr ein Doppelpunkt gesetzt: für weiterführende Dialoge und Entwicklungen, binnenkirchlich wie ökumenisch, hin zu mehr Synodalität.

Buch zum Thema: Nicola Ottiger, André Ritter (Hg.): Synodale Kirche(n) und kirchliche Synodalität. Ökumenisch-theologische Perspektiven, Zürich 2024 (TVZ-Verlag).

Dieser Bericht wurde von Martin Spilker verfasst. Er schreibt regelmässig zu Anlässen des Ökumenischen Instituts Luzern.