5. Tagung zum Recht und Management der Energiewirtschaft

Am 29. April 2022 fand, erstmals in hybrider Durchführung, unter der Organisation von Herrn Prof. Dr. Sebastian Heselhaus und Herrn Dr. Markus Schreiber die fünfte Tagung zum Recht und Management der Energiewirtschaft statt.

High voltage towers with thick hanging power cables in a rural landscape in the Netherlands
transmission

Die jährliche Tagung zum Recht und Management der Energiewirtschaft ist Bestandteil der Forschung an der Luzerner Kompetenzstelle für Energierecht (Competence Center for Energy Law Lucerne, CELL), des Zentrums für Recht und Nachhaltigkeit (Center for Law and Sustainability, CLS) sowie des Instituts für Wirtschaft und Regulierung (WiRe) an der Universität Luzern.

Mantelerlass zur Revision EnG und StromVG: Vorgezogenes und Verbleibendes

Frau Dr. Brigitta Kratz, Rechtsanwältin bei Badertscher Rechtsanwälte, führte mit ihrem Referat zur Revision des EnG und des StromVG in die Tagung ein. Die Revisionen des Energiegesetzes und des Stromversorgungsgesetzes sollen neu in einem Mantelerlass gemeinsam umgesetzt werden. Das Referat beleuchtete die Inhalte der Gesetzesrevision und zeigte auf, welche Inhalte sich in welchem Umsetzungsstand befinden. Nach Ausführungen zum Status quo der Schweizer Energiepolitik folgten Erläuterungen zu den jeweiligen Änderungen in den beiden Bundesgesetzen. Weiter thematisierte die Referentin die aus Dringlichkeitsgründen vorgezogenen Regelungsinhalte, etwa die Förderung der erneuerbaren Energien nach Auslaufen des Einspeisevergütungssystems sowie verschiedene Aspekte der Versorgungssicherheit.

Grenzüberschreitende Kapazitäten nach der EU-Elektrizitätsbinnenmarkt-VO – Unionsrechtliche Anforderungen und mitgliedstaatliche Spielräume

Dr. André Lippert, Rechtsanwalt bei Taylor Wessing in Berlin, referierte über die Vorgaben der Europäischen Union zu den grenzüberschreitenden Kapazitäten nach der EU-Elektrizitäts­binnenmarkt-Verordnung. In einem ersten Schritt erläuterte der Referent die rechtlichen Regelungen und Entwicklungen in Bezug auf die Infrastruktur (den sogenannten Transeuropäischen Netzen (TEN)) und den Strommarkt. Sodann erläuterte der Referent die Besonderheiten im Verhältnis zwischen der EU und der Schweiz, insbesondere nach dem letztjährigen Abbruch der Verhandlungen über das Stromabkommen. Dabei skizzierte er verschiedene Szenarien (Status quo, keine Kooperation, technische Kooperation und Strommarktabkommen) und deren Folgen für den Schweizer Strommarkt.

Umsetzung der 70%-Regel und weiterer europäischer Vorgaben ohne Stromabkommen

Im Anschluss an das Referat thematisierte Frau Stefanie Zubler, Rechtsanwältin und Head of Legal Market & Technology bei der Swissgrid AG, welche Herausforderungen sich aus den neuen europarechtlichen Vorgaben für die Schweizer Energiewirtschaft aus Sicht der Übertragungsnetzbetreiberin Swissgrid ergeben. Diese seien sowohl in Bezug auf den sicheren Netzbetrieb wie auch marktseitig zu verorten. Im Anschluss besprach die Referentin inwieweit bilaterale oder multilaterale Verträge als mögliche Lösung aus Schweizer Sicht, wobei sich die Technik (Netzbetrieb) und der Markt nicht trennen liessen.

PV-Strategie der Stadt Zürich

In den Nachmittag startete Sven Allemann, Projektleiter Produktentwicklung bei den Elektrizitäts­werken der Stadt Zürich (ewz), mit der Präsentation der Photovoltaik-Strategie der Stadt Zürich. Zunächst beschrieb er die Ausgangslage, wonach die Stadt Zürich bis 2040 klimaneutral werden, die dadurch benötigte Elektrifizierung der Wärmeversorgung und Mobilität decken und hierfür den Zubau der PV-Anlagen stark beschleunigen soll. Anschliessend zeigte der Referent auf, wie die Stadt Zürich das Ausbaupotenzial der Photovoltaik nutzen will und wie die PV-Strategie entwickelt worden ist. Dies solle insbesondere mit der Formulierung von quantitativen und für die Stadtverwaltung verbindlichen Zubau-Zielen sowie der Definition von Massnahmen (beispielsweise Verpflichtungen und Förderungen) erreicht werden.

Solaranlagen im ländlichen Raum: Raumplanungsrechtliche Grundlagen und Herausforderungen

Potenziale für den Ausbau der Photovoltaik ergeben sich möglicherweise nicht nur in städtischen, sondern auch in ländlichen Gebieten. Hier sieht sich die Technologie jedoch besonderen raumplanungsrechtlichen Herausforderungen ausgesetzt. Dazu beleuchtete Ursula Ramseier, Rechtsanwältin bei Ramseier Anwaltskanzlei, die rechtlichen Grundlagen und Herausforderungen von Solaranlagen im ländlichen Raum. Nach Ausführungen zum entsprechenden planungs- und baurechtlichen Rahmen erläuterte die Referentin die Haltung der Bundesämter in ihrem Positionspapier von 2012 zu freistehenden Photovoltaik-Anlagen. Schlussendlich thematisierte sie die zahlreichen Interessenskonflikte, die der Ausbau der erneuerbaren Energien mit sich bringt, etwa in Bezug auf den Landschaftsschutz, die Biodiversität und die Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet.

Die Nutzung erneuerbarer Energien und ihr Ausbau als nationales Interesse in der neusten bundegerichtlichen Rechtsprechung

Zum Abschluss der Tagung referierte Dr. Fabian Klaber, Rechtsanwalt bei Kleb & Partner Rechtsanwälte, über die neuste bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Nutzung erneuerbarer Energien und ihrem Ausbau als nationales Interesse. Anhand der Gerichtsverfahren zum Windpark Grenchenberg (BGer 1C_573/2018 vom 24.11.2021), dem Parc éolien de Sainte-Croix (BGE 147 II 319) und dem Grimselsee (BGE 147 II 164) präsentierte er sowohl die Rügen wie auch die wichtigsten Erwägungen und Schlussfolgerungen des Bundesgerichts. Die Erläuterungen machten deutlich, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien weiterhin in einem Spannungsfeld zum Landschafts- und Naturschutz steht.

Die Organisatoren blicken auf einen erfolgreichen Tag mit vielen anregenden Vorträgen, interessanten Diskussionen und Teilnehmenden aus verschiedensten Tätigkeitsbereichen zurück und sehen gespannt der Energierechtstagung im nächsten Jahr entgegen. Die Beiträge der diesjährigen Tagung werden im Dike-Verlag als Teil der Reihe «Schriften zum Energierecht» (SzE) erscheinen, in der auch die bisherigen Tagungsbände erhältlich sind.

Als Sponsorin unterstützt die CKW (Centralschweizerische Kraftwerke AG) unsere Veranstaltung finanziell sowie ideell und dies seit der ersten Energierechtstagung im Jahr 2017. Dafür danken wir ganz herzlich.