40. Ausgabe der «Luzerner Universitätsreden»

Zivile Nutzung von Atombomben? Mit dieser Thematik hat sich Aram Mattioli, Professor für Geschichte der Neuesten Zeit, in seiner Abschiedsvorlesung auseinandergesetzt. Diese wurde nun als Universitätsrede publiziert.

Versinnbildlichte arktische Kälte, explosiver Kern: Die 40. «Universitätsreden»-Ausgabe, in einem der Gänge des Universitätsgebäudes fotografiert.

«Dr. Seltsam in der Arktis oder wie die Umweltbewegung in den USA laufen lernte»: So lautet der Titel der öffentlichen Vorlesung, die Professor Aram Mattioli am 23. Mai 2024 anlässlich seiner (mittlerweile erfolgten) Emeritierung gehalten hatte. Der Vortragstext liegt nun in gedruckter Form und online als PDF vor (siehe Box). 

Einleitend auf den Spielfilm «Dr. Seltsam» (1964) von US-Regisseur Stanley Kubrick Bezug nehmend, beleuchtet Mattioli die amerikanische Seite des atomaren Wettrüstens während des Kalten Krieges. Bombentests gab es unter anderem auf den von den Vereinigten Staaten verwalteten Marshallinseln im Pazifischen Ozean, so etwa auf dem Bikini-Atoll – mit den hier lebenden Indigenen und der Flora und Fauna als Leidtragende. Professor Mattioli zeigt auf, dass damals parallel zur militärischen Weiterentwicklung auch konkrete Pläne für die zivile und kommerzielle Nutzung von Kerntechnologie bestanden: Mittels sogenannten «friedlichen Nuklearexplosionen» sollten etwa im Sinne eines «Geographical Engineering» das Wetter verändert oder Kanäle und Häfen ausgehoben werden. Ab Ende der 1950er-Jahre liefen im Rahmen von «Project Chariot» Vorsondierungen für entsprechende Tests in Alaska. 

Aram Mattioli schildert, wie die Iñupiat von Tikigaq sich dem drohenden Unheil erfolgreich widersetzten – und damit zugleich einen wichtigen Impuls für das Aufkommen und Erstarken der Umweltbewegung in den Vereinigten Staaten gaben. Notabene führte die USA bis Anfang der 1970er-Jahre unter anderem in Nevada diverse weitere Tests für «friedliche Nuklearexplosionen» durch, alle mit geringem Erfolg hinsichtlich des effektiven Potenzials für eine zivile Nutzung. So oder so standen die USA mit diesen Versuchen keineswegs allein da. Aram Mattioli: Die damals weltweit fünf Atomwaffenstaaten «nahmen für ihre Tests wenig Rücksicht auf Mensch und Umwelt und hinterliessen dauerhaft schwer kontaminierte Zonen und rund um diese gesundheitlich geschädigte Menschen, oft Angehörige indigener Völker oder ethnischer Minderheiten». Es handle sich um einen «irritierenden Befund», der es verdiene, noch vertiefter erforscht zu werden.
 

Kostenlos erhältlich

Die Luzerner Universitätsreden enthalten öffentliche Vorträge, die an der Universität Luzern gehalten wurden. Damit sollen wissenschaftliche Inhalte an eine breite Öffentlichkeit vermittelt werden. Die Publikationsreihe, die von privater Hand mit einem Druckkostenbeitrag unterstützt wird, erscheint in unregelmässigen Abständen. In gedruckter Form liegen die Universitätsreden zur kostenfreien Mitnahme in Spendern im Uni/PH-Gebäude an der Frohburgstrasse auf; ebenfalls sind sie im Büro der Universitätskommunikation erhältlich. Mitglieder des Universitätsvereins, welche das gedruckte Heft zu sich nach Hause gesendet erhalten möchten, werden gebeten, sich bei der Universitätskommunikation zu melden – aufgrund des Publikationstermins findet diesmal kein automatischer Versand an alle statt.

PDF-Abruf der aktuellen Ausgabe und weitere Infos