Ramona Schelbert (36) ging nach zwei Jahren als Lehrerin nochmals an die Uni, um Kulturwissenschaften zu studieren. Heute ist sie Moderatorin und Produzentin und empfiehlt, die Studienwahl nach den eigenen Interessen zu richten.

Ramona Schelbert (Bild: Roberto Conciatori)

Ramona Schelbert, Sie haben zunächst die Pädagogische Hochschule absolviert und als Primarlehrerin gearbeitet. Was hat Sie damals dazu bewogen, im Anschluss ein Studium an der Universität Luzern zu beginnen?

Ramona Schelbert: Ich wollte damals einfach nochmals studieren, meinen Kopf herausfordern. Luzern war naheliegend aufgrund der Nähe zu meinem Wohnort in Schwyz. Ich wusste zunächst noch nicht genau, in welche Richtung es konkret gehen soll. Dann habe ich von dem Integrierten Studiengang für Kulturwissenschaften gehört. Ich war begeistert, da man hier Vorlesungen und Seminare ganz unterschiedlicher Fachrichtungen besuchen kann, etwa Politik, Ethnologie, Umweltgeschichte, Soziologie oder Statistik. Diese grosse Auswahl kam meinem Naturell und meinen vielfältigen Interessen entgegen. Schon als Lehrperson hatte ich alle Fächer unterrichtet.

Gibt es etwas aus der Studienzeit, das Sie vermissen?

Die Möglichkeit, sich so vertieft mit einer bestimmten Materie auseinanderzusetzen. Jetzt als Journalistin arbeite ich tagesaktuell und muss mich sehr schnell in ein Thema einarbeiten. An der Uni hingegen befasste ich mich über einen längeren Zeitraum mit einer Seminar- oder Bachelorarbeit und während des Semesters mit einem bis zwei Büchern. Man kann sich tief in ein Thema einarbeiten und auch mit anderen Leuten darüber diskutieren.

Als Journalistin arbeite ich tagesaktuell und muss mich sehr schnell in ein Thema einarbeiten.
Ramona Schelbert

Wie ging es nach dem Bachelorabschluss im Frühjahrssemester 2016 weiter?

Während des Studiums hatte ich keinen konkreten Plan für die Zeit danach. Viele ausgeschriebene Stellen klangen interessant, aber ich habe mich nirgends so richtig gesehen. Dass ich eines Tages im Journalismus lande, war eher ein Zufall. Ich hatte eine Kollegin, die schon bei «Tele 1» arbeitete und immer viel Spannendes von ihrem Job zu erzählen wusste. So bin ich dort direkt nach meinem Abschluss zwei Tage als Videojournalistin schnuppern gegangen. Das hat mir dann so gut gefallen, dass ich mich für eine Volontariatsstelle beworben habe. Ich habe mich einfach spontan beworben und konnte direkt eine Praktikumsstelle antreten.

Wie muss man sich Ihre Arbeit beim Fernsehsender vorstellen?

Ich arbeite hauptsächlich in drei verschiedenen Funktionen. Einerseits bin ich Inputerin, das heisst, ich bereite eine Sendung vor, telefoniere, vereinbare Drehs und halte nach geeigneten Protagonistinnen und Protagonisten für Beiträge Ausschau. Weiter bin ich Produzentin einer Nachrichtensendung. Eine solche dauert zwischen 12 und 15 Minuten, wofür man sich einen geeigneten Ablauf überlegen muss. Also: Mit welchem «harten» Thema startet man und welches «seichtere» Thema setzt man eher an den Schluss? Es gilt, über die wichtigen Themen für die Zentralschweiz zu entscheiden und wohin man die Videojournalistinnen und -journalisten schicken will. Ausserdem führe ich als Moderatorin durch die Nachrichtensendung. Manchmal bin ich aber auch als Reporterin unterwegs, etwa an Schwingfesten oder bei Wahlen.

Was erachten Sie dabei als besonders herausfordernd?

Bei der Themenwahl ist manchmal ein hohes Mass an Flexibilität erforderlich: Falls etwa eine wichtige Persönlichkeit verstorben ist oder ein bedeutender politischer Entscheid gefällt wurde, dann wird das noch in die aktuelle Sendung aufgenommen, was mitunter etwas stressig sein kann. Zudem arbeiten wir trimedial – unsere Inhalte erscheinen also online, im Radio und im Fernsehen. Entsprechend braucht es Koordination, wo welches Thema zuerst und in welcher Form es erscheinen soll.

Viel Information stark zu komprimieren, ist etwas, das ich im Studium gelernt habe.

Gibt es Fähigkeiten, die Sie aus dem Studium in den Arbeitsalltag mitnehmen konnten?

Flexibilität und Spontaneität sind Eigenschaften, die mich schon im Studium begleitet haben. Wenn es etwa darum ging, sich auf immer wieder neue Themengebiete einzulassen. Wir bekommen jeden Tag verschiedenste Medienmitteilungen. Dabei müssen wir komplexe Sachverhalte erfassen und diese in zwei bis drei Sätzen unserem Publikum vermitteln. Viel Information stark zu komprimieren, ist etwas, das ich im Studium gelernt habe.

Was bereitet Ihnen an ihrer Arbeit am meisten Freude?

Dass wirklich jeder Tag anders aussieht. Täglich begegne ich Newsthemen, aus denen ich etwas lernen kann und die mich bereichern. Ein weiterer Aspekt: Wenn ich auf Reportage bin und zum Beispiel mit einem Schwinger spreche, der direkt vom Platz kommt, kann ich als Erste fragen: «Hey, wie ist es dir gegangen?» In dem Moment ist man direkt an den Emotionen dran. Vielleicht ist er enttäuscht oder ist voller Freude – ähnlich bei Politikern und Politikerinnen nach einer Wahl oder eben Nichtwahl. Es ist etwas Schönes, wenn man diese Emotionen am Fernsehen rüberbringen kann. Das sind in dem Moment «echte Aussagen». Darum ist TV für mich auch so ein «echtes» Medium.

Sie wussten während des Studiums noch nicht genau, in welche Richtung es später im Berufsleben gehen soll. Haben Sie in dieser Hinsicht Tipps für Studierende?

Ich bin an einem ganz anderen Ort angekommen als dort, wo ich als Lehrerin begonnen hatte. Deshalb glaube ich, dass man herausfinden sollte, was einen wirklich interessiert, und dann ein Studium in diesem Bereich wählen. Gerade Kulturwissenschaften sind so breit gefächert, dass es oft scheint, als würde die Arbeitswelt nicht gezielt Absolventinnen und Absolventen aus diesem Bereich suchen. Umso schöner ist es, dass einem nach dem Abschluss viele Möglichkeiten offenstehen.

Sie haben als Einzige in Ihrer Familie studiert. Was raten Sie Leuten in einer ähnlichen Situation?

Zuhause konnte ich mich mit niemandem wirklich über die Studienwahl oder den anschliessendem Berufseinstieg austauschen. Also habe ich mich an Freundinnen und Freunde gewandt. An der Uni trifft man viele Leute, die vielleicht Geschwister haben, die bereits abgeschlossen haben. Irgendjemand kann einem immer weiterhelfen. Man muss einfach den Mut haben, Fragen zu stellen. Die Motivation muss vorhanden sein – dann findet man Wege.

Überblick Studienangebot Kulturwissenschaften im Bachelor und im Master

Rahel Heini
Sektionsvorsteherin Kultur- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der ALUMNI Organisation und Consultant bei der Staufen Inova AG