Viel Neues im Fachbereich «Gesundheitswissenschaft und Gesundheitspolitik»: Zum einen wurde ein Bachelorprogramm in Gesundheitswissenschaften lanciert. Zum anderen gibt es neu kombinierte «Lehr- und Forschungsbeauftragten»-Stellen.
Jedes Jahr zieht der englischsprachige Master in Health Sciences (M. Sc.) zwischen 40 und 50 Studierende aus dem In- und Ausland nach Luzern. Ergänzend zu diesem sehr gefragten Studiengang wurde im vergangenen Herbstsemester ein einzigartiges deutschsprachiges Bachelorprogramm in Gesundheitswissenschaften (B. Sc.) lanciert – somit ist das Studium ab jetzt auf allen Stufen möglich, bis und mit Doktorat. Die Studierenden des neuen Bachelors erwarten vielseitige und innovative Inhalte, welche die zentralen Perspektiven von Gesundheitswissenschaften aufgreifen und genau darauf zugeschnitten sind: Multidisziplinarität, Förderung von Gesundheit und Vermeidung von Krankheit (Prävention, Kuration, Rehabilitation, Palliation), Anwendungsbezug, Perspektive der individuellen Bedürfnisse, Bevölkerungs- und Systembezug.
Gefragte Fachkräfte
Der Bachelor hebt sich von vergleichbaren Studienprogrammen in der Schweiz ab: In Luzern erwerben die Studierenden nicht nur wichtige Kompetenzen in den Bereichen Politik-, Pflege-, Wirtschafts- und Kommunikationswissenschaften sowie Psychologie und Soziologie, welche auf der Makround Mesoebene zu verorten sind. Darüber hinaus und dank der Kooperation mit Partnerinstitutionen und der Fachkompetenz des Departements im Bereich Medizin sind auch Studieninhalte aus diesen stärker auf das Individuum fokussierenden Wissenschaften in das Curriculum integriert. Damit trägt der Studienplan der zunehmenden Verzahnung, Interdependenz und Komplexität unterschiedlicher Bereiche des Gesundheitssystems Rechnung, welche nicht nur in der Intensivierung interprofessioneller Zusammenarbeit in der Praxis, sondern auch in der zunehmend stattfindenden inter- und transdisziplinären Forschung der gesundheitsnahen Wissenschaftsdisziplinen zum Ausdruck kommt.
Angesichts des Fachkräftemangels sind Absolvierende mit einem solchen Profil am Arbeitsmarkt entsprechend begehrt und können eine Tätigkeit in ganz unterschiedlichen Feldern des Gesundheitswesens anstreben. Hierzu zählen unter anderem: die Gesundheitsverwaltung (kantonale Ämter, BAG); Gesundheitsversorgung in Spitälern; Gesundheitskommunikation in der Verwaltung, bei Versicherungen oder bei Verbänden; operative Tätigkeiten in der Pharmaindustrie; Gesundheitsförderung bei Verbänden sowie Tätigkeiten in der Forschung. Dass dieses Konzept nicht nur zukunftsweisend und nachhaltig ist, sondern auch auf grosses Interesse stösst, zeigen die Studierendenzahlen. So haben im September über 40 Studierende ihr Bachelorstudium aufgenommen – doppelt so viele wie ursprünglich geplant.
Lehren und forschen
Die Gründung neuer Studiengänge bringt spezifische Herausforderungen mit sich. Dies betrifft insbesondere den Ausbau des Lehrangebots sowie die Betreuung der zusätzlichen Studierenden. Traditionell wird dieser Ausbau entweder über die Schaffung neuer Professuren realisiert – inklusive der damit verbundenen Mitarbeitendenstellen –, oder die steigende Lehr- und Betreuungsleistung muss im Rahmen der existierenden Strukturen respektive durch das akademische Personal aufgefangen werden. Hier hat sich das Departement gemeinsam mit der Universitätsleitung entschieden, neue Wege zu gehen. Abgestützt auf Paragraf 29 des Universitätsstatuts wurden bewusst kombinierte «Lehr- und Forschungsbeauftragten»-Stellen geschaffen und die ersten solcher ausgeschriebenen Stellen im Laufe des Jahres mit Akademikerinnen und Akademikern unterschiedlichster Fachrichtungen besetzt.
Wie es der Name bereits sagt, bietet eine Stelle als Lehr- und Forschungsbeauftragte oder -beauftragter die Möglichkeit, eigenständige Forschungsvorhaben umzusetzen.
Das Profil dieser Stellen ist im oberen akademischen Mittelbau, zwischen Oberassistentin bzw. -assistent und (Assistenz-)Professur, zu verorten. Das Aufgabengebiet beinhaltet hauptsächlich (zu zwei Dritteln) universitäre Lehrtätigkeit inklusive aller mit der Rolle als Dozierende und Dozierender zusammenhängenden Aufgaben. Wie es der Name bereits sagt, bietet eine Stelle als Lehr- und Forschungsbeauftragte und -beauftragter den Stelleninhabenden darüber hinaus explizit die Möglichkeit, eigenständige und thematisch frei wählbare Forschungsvorhaben umzusetzen und so das eigene akademische Profil zu schärfen. Schliesslich engagieren sich die Lehr- und Forschungsbeauftragten auch in der akademischen Selbstverwaltung sowie in universitären Kommissionen und Gremien.
Der Ausbau von Stellen im oberen akademischen Mittelbau hat wesentliche Potenziale und bietet Chancen gleichermassen für das Departement und die Universität als Bildungseinrichtung und wissenschaftliche Institution. Faktisch eröffnen die auf lange Sicht ausgelegten Stellen die Möglichkeit zur Verstetigung bzw. Sicherung von Wissen und Kompetenz in Lehre und Forschung, und sie schaffen diesbezüglich Kontinuität. Über diesen Aspekt der Planbarkeit hinaus wirken sich zusätzlich Stellen für erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler positiv auf den akademischen Output aus, da sie neben der Unterstützung von Doktorierenden sowie der eigenverantwortlichen Umsetzung von Projekten und Publikationen auch externe Forschungsgelder einwerben können.
Aus einer übergreifenden strategischen Perspektive betrachtet, bringt dies einen mittel- und langfristigen Zusatznutzen: Einerseits können Lehr- und Forschungsbeauftragte signifikant zur Aufwertung des Lehrangebots beitragen. Und da Studierende ihre Wahl der Universität und des Studiengangs hauptsächlich von der Qualität der Lehre abhängig machen, tragen die Stelleninhabenden damit auch zur Attraktivität der Studienprogramme und des Erfolgs der Universität bei. Andererseits trägt der mit den Stellen einhergehende Kompetenz- und Wissenserhalt – insbesondere in der Lehre – zu den fortwährenden Bestrebungen im Hinblick auf die Qualitätssicherung bei.
Diversifizierung der Karrierewege
Auch für das wissenschaftliche Personal bieten die Rahmenbedingungen des Stellenprofils Vorteile: So schaffen feste Stellen zwischen befristeter Assistenz und unbefristeter Professur nachhaltige Aussichten nach dem Doktorat. Gleichzeitig eröffnen solche Stellen auch völlig neue Perspektiven. Dies betrifft zum einen die Karriereplanung. Beispielsweise streben nicht alle promovierten Akademikerinnen und Akademiker automatisch nach einer (Assis- tenz-)Professur und möchten sich vielleicht lieber auf die Gestaltung innovativer Lehrangebote konzentrieren.
Durch Schaffung von Planungssicherheit und Stabilität wird so ein wichtiger Beitrag zur mentalen Gesundheit des wissenschaftlichen Personals geleistet.
Neben dieser faktischen Diversifizierung der Karrierewege an der Universität wirken sich die mit den Stellen zusammenhängenden Anstellungsverhältnisse positiv auf das Privatleben, vor allem auf die Partnerschaft sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aus. Durch Schaffung von Planungssicherheit und Stabilität wird so ein wichtiger Beitrag zur mentalen Gesundheit des wissenschaftlichen Personals geleistet.
Die getroffenen Entscheide machen deutlich, dass man sich am Departement nicht auf althergebrachten Strukturen ausruht. Vielmehr wurde erkannt, dass es sich lohnt, mittels entsprechender administrativer Vorgaben auf sich verändernde Rahmenbedingungen im wissenschaftlichen System und, noch viel wichtiger, auf die Bedürfnisse des akademischen Personals zu reagieren. Dass solche Schritte eine wichtige Signalwirkung haben und ganz nah am Puls der Zeit sind, zeigt sich auch beim Blick auf andauernde politische Debatten.
So steht die vermehrte Nutzung dieses Stellenprofils im Einklang mit dLehr- und Forschungsbeauftrager mit Fokus auf Gesundheitskommunikationen Forderungen nach mehr Festanstellungen im akademischen Bereich, die bspw. im Rahmen der «Petition Academia» aktuell an die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger in der Schweiz herangetragen werden.
Alexander Ort ist Lehr- und Forschungsbeauftrager mit Fokus auf Gesundheitskommunikation am Departement Gesundheitswissenschaften und Medizin. Der Text ist im Jahresbericht 2021 der Universität Luzern erschienen.