Die Küche ist in vielen Wohnungen der Lebensmittelpunkt. So ist es auch ein bisschen im Uni/PH-Gebäude. Das weiss niemand besser als Mensaleiter Piotr Pluta. Er behandelt seine Gäste gerne wie Könige. «Aber nur, wenn sie sich auch so verhalten.»
In der Mensa treffen täglich ganz unterschiedliche Menschen aufeinander. Studierende verschiedener Fachrichtungen, Dozentinnen und Assistenten, KV-Lernende und Facility-Mitarbeitende, Gäste von nah und fern. «Essen wollen alle», sagt Herr Pluta, Betriebsleiter der Mensa. Pardon: Nicht Herr Pluta, sondern Piotr. «Ich mag’s unkompliziert.»
Essen wollen alle. Wie wahr. Das zeigt sich auch während unseres Besuchs an einem sonnigen Herbsttag. Während der Fotograf sein Blitzgerät in Position bringt, herrscht in der Küche wuseliges Treiben. Menüs werden angerichtet, leere Töpfe aufgefüllt, Teigwaren gekocht, Fleisch gebraten. Es dampft und zischt, rattert und klirrt. Dass es hier auch mal hektisch werden kann, stört den 39-Jährigen nicht. Im Gegenteil: «Das ist positiver Stress, das gefällt mir. Dann weisst du am Abend, was du gemacht hast.» Die vorlesungsfreie Zeit im Sommer und Winter ist für den Mensaleiter nur bedingt entspannend. «Wenn nichts läuft, werde ich nervös.»
Gespür für neue Trends
Es ist fast halb zwölf, kurz vor der Primetime. Manche Studierende steuern zielstrebig das Tagesmenü an (Poulet-Innenfilets an einer Ingwer-Sauce mit Nudeln und Bohnen), andere zögern. Semmelknödel auf Pilzragout oder Kalbshacktätschli mit Kartoffelstock und Zucchetti? Oder doch ans «Free Choice»-Buffet und selber schöpfen? «Oder wie wär’s mit einem Salat vom Buffet?», fragt Piotr. Begeistert erzählt er von der «gesunden und farbenfrohen» Auslage. Kein Wunder: Diese wurde kürzlich neu gestaltet und mit zahlreichen Angeboten ergänzt. Quinoa, Couscous, Linsen, Broccoli. Alles dabei. «28 Salatsorten!» Er ist stolz – nicht nur auf das Salatbuffet, sondern vielmehr darauf, dass er und sein Team das Angebot in der Uni-Mensa immer wieder anpassen, erweitern, überdenken. Auch deshalb stehen im Kühlregal neben der Kasse heute auch hausgemachte (und nicht zu süsse) Eistee-Sorten – oder hippe Mate-Dosen.
Piotr hat ein Gespür für Trends – weil sein Job für ihn eben mehr als nur das ist. «Ich bin Gastronom aus Leidenschaft, Gastgeber von Natur aus.» Und dazu gelernter Koch, so wie übrigens auch sein Stellvertreter Bruno Gruber, Piotrs «rechte und linke Hand», wie er vom Chef vorgestellt wird. Mit der Zeit geht das Gastro-Team nicht nur in Sachen Menü- Auswahl. Auch ein starkes Umweltbewusstsein wird in dem Betrieb grossgeschrieben. So werden zum Beispiel sämtliche Essensreste zu Biogas weiterverarbeitet.
Bis zu 700 Menüs täglich
Die Küche ist nur einer von vielen Orten, an denen Piotr Pluta im Laufe eines Arbeitstages anzutreffen ist. Los geht’s zwischen 6 und 7 Uhr, meist im Büro. Abrechnungen, administrative Tätigkeiten, Menüplanung, Kalkulationen. Das Berechnen der Anzahl Mahlzeiten sei auch nach all den Jahren eine Herausforderung. An starken Tagen werden in der Mensa 700 Portionen geschöpft – und dann sind es auf einmal wieder nur 500. Die Menü-Auswahl spielt eine Rolle, klar. «Schnitzel-Pommes ist und bleibt die Nummer eins», lacht Piotr. Auch das Wetter hat einen Einfluss auf den Umsatz, der Stundenplan der Studierenden sowieso, die Anzahl externer Gäste im Haus – und so weiter. «Es braucht eine gewisse Flexibilität», sagt der Chef, der seine Arbeit übrigens nicht als Angestellter der Universität Luzern, sondern als Mitarbeiter des Catering-Unternehmens Compass Group (Bereich Scolarest) erledigt. Improvisationsgeschick braucht es etwa dann, wenn wieder mal jemand vergessen hat, einen Apéro im Foyer anzukündigen und deswegen ganz plötzlich Weisswein, Mineral und «ein paar Häppchen» braucht. Auf solche Ereignisse reagiert das Mensa-Team mit Gelassenheit. Bruno Gruber pflegt dann jeweils zu sagen: «Unmögliches erledigen wir sofort, Wunder dauern ein bisschen länger.»
Man spürt: Piotr Pluta und Bruno Gruber sind mit Herzblut bei der Sache. Und das nicht nur als Chefs. Ob an der Kasse, hinter der Essens-Theke oder beim Putzen: «Wir sind immer dort, wo es brennt», sagt Piotr. Der Kunde ist schliesslich König. «Aber nur, solange er sich auch wie einer verhält.» Manchmal nämlich ärgert sich Piotr über seine Gäste. Zum Beispiel dann, wenn er Dosen, Essensreste oder andere Abfälle aus dem PET-Kübel ziehen muss, was fast täglich der Fall sei. Oder dann, wenn Besteck wegkommt. «Pro Jahr müssen wir hier sicher 1000 Gabeln und Messer nachbestellen. Vielleicht sollten wir mal die eine oder andere WG kontrollieren», so Piotr schmunzelnd.
Schnitzel-Pommes ist und bleibt die Nummer eins.
Immer ein offenes Ohr
Als Mitarbeiter der ersten Stunde ist Piotr Pluta in und rund um die Mensa bekannt wie ein bunter Hund. Oder wie er es formuliert: «Ich bin ein Mensa- Urgestein.» Und so kommt es nicht selten vor, dass die Studierenden auf ihn zugehen und ihm von ihren Freuden und Sorgen berichten. «Ich merke sofort, wenn einer einen schlechten Tag hat oder im Stress ist», sagt Piotr. Und natürlich freut er sich auch immer ein bisschen mit, wenn eine Studentin über beide Ohren strahlt, weil sie gerade ein positives Prüfungsresultat erfahren hat. «Ich schätze den Austausch mit unseren Gästen, die täglich hier ein- und ausgehen.» Ein Job in einem normalen Restaurant? Für ihn keine Option. «Gemeinschaftsgastronomie ist lebendiger und abwechslungsreicher.» Zudem bietet der Job noch einen weiteren Pluspunkt: geregelte Arbeitszeiten und – meistens – freie Wochenenden. Das schätzt der Familienmensch.
Seine Freizeit verbringt er gebürtige Pole am liebsten mit seiner Frau und den drei Töchtern – und das nicht etwa in der heimischen Stube, sondern draussen in der Natur. Im Sommer geht die Familie häufig campen, im Winter geht’s in die Skiferien. Die Berge, die Natur, die frische Luft – «wenn ich draussen bin, kann ich richtig abschalten». Auch das Segeln gehört zu seinen Leidenschaften. Und dann hat Piotr Pluta noch ein weiteres, grosses Hobby. «Ich liebe es, in meiner Freizeit für meine Familie zu kochen.» Denn dazu, so Piotr Pluta, komme er während seiner Arbeit in der Mensa schlicht und einfach kaum mehr.