Hanna Hubacher, Bachelorstudentin der Soziologie, hat im vergangenen Herbstsemester einen Mobilitätsaufenthalt in Berlin gemacht. Trotz Pandemie ist die 23-jährige Bernerin positiv geblieben, hat die Diskussionskultur geschätzt – und «Luft» heimgebracht.
Hanna Hubacher, was ist die wichtigste Erkenntnis, die Sie mit nach Hause genommen haben?
Hanna Hubacher: Dass es wichtig ist, den Humor nicht zu verlieren! Der Berliner Winter ist nichts für schwache Nerven. Ist man neu in der Stadt und wütet dazu noch eine Pandemie, sodass man das Haus am besten gar nicht verlassen sollte – in solchen Situationen hilft es, ab und zu einfach mal darüber zu lachen und diese Ironie auszuhalten.
Was hat Sie an der Gastgeber-Uni am meisten überrascht?
Obwohl die Humboldt-Universität eine renommierte und riesige Uni ist, laufen gewisse administrative Sachen wie die Anrechnung der Credits noch immer über Papierscheine. Diese Digitalisierungsverweigerung hat mich überrascht.
Welche Lehrveranstaltung hinterliess einen bleibenden Eindruck?
Da alle Lehrveranstaltungen digital stattfanden, fiel bei einigen die Begrenzung der Teilnehmendenzahl weg. Das führte dazu, dass sich in einem Seminar zum Thema «Migrationskontrolle und Gewalt» 120 Leute im «Webex»-Raum («Zoom»-Alternative) tummelten. Was zunächst nach einem unmöglichen Unterfangen aussah, hat sich schnell in eine der strukturiertesten und rücksichtsvollsten Lehrveranstaltungen verwandelt, die ich je besucht habe. Ein zusätzliches Plus: Es kam nie zu unangenehmen Gesprächspausen.
Was würden Sie am liebsten an die Universität Luzern importieren?
Die Diskussionskultur hat mir in Berlin sehr gut gefallen – ganz allgemein hatte ich den Eindruck, dass eine kritischere Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen stattfindet als an der Universität Luzern. Insbesondere in Bezug auf Rassismus und Sexismus schien bei den Dozierenden und Studierenden – auch in der Sprache – ein stärkeres Bewusstsein da zu sein, da sehe ich noch viel Aufholbedarf.
Die für eine Universität sehr familiäre Atmosphäre und auch die Vernetzung und den Austausch unter Studierenden schätze ich nun mehr denn je.
Die für eine Universität sehr familiäre Atmosphäre und auch die Vernetzung und den Austausch unter Studierenden schätze ich sehr. Es ist schön, wieder ein paar vertraute Gesichter – wenn auch nur digital – zu sehen und sich bald vielleicht sogar wieder mal auf den Gängen zu grüssen. Ausserdem habe ich das Gefühl, dass der Umgang mit Dozierenden in Luzern persönlicher ausfällt und sie sich oftmals viel Zeit für die Studierenden nehmen, sich für sie interessieren.
Wo haben Sie Ihre erste Freundschaft geschlossen?
Während des digitalen Semesters habe ich in Berlin von meinen Kommilitoninnen und Kommilitonen tatsächlich kaum jemanden kennengelernt – wenn doch, dann eher zufällig ausserhalb der Universität. Digital Freundschaften zu schliessen fällt mir schwer, ich gehöre mehr zur analogen Sorte. Meine erste Freundschaft war dadurch ironischerweise eine andere Austauschstudentin von der Universität Luzern, die ich vorher nur flüchtig kannte. Im Verlauf des Semesters hat sich eine tolle Freundschaft zwischen uns entwickelt, die wir nun sogar hier weiterführen können.
Welches war das grösste kulturelle Missverständnis?
Die Helvetismen haben mir zu schaffen gemacht. Ich hatte immer das Gefühl, die deutsche Sprache zu beherrschen – wenn man in Deutschland dann vom «Nüsslisalat» oder der «Peperoni» spricht, wird man plötzlich nicht verstanden oder erlebt eine pikante Überraschung!
Was haben Ihre Eltern durch Ihr Auslandssemester gelernt?
Dass ich ein verstecktes Häkeltalent besitze – und viel Übungszeit hatte. Ich habe in Berlin damit angefangen und zu Weihnachten dann allen etwas Selbstgehäkeltes geschenkt, ob es ihnen gefiel oder nicht.
Welches war Ihr prägendstes Erlebnis abseits des Uni-Alltags?
Die Obdachlosigkeit in Berlin hat mich erschüttert. Während wegen Corona alle zu Hause bleiben sollen, haben in Berlin zirka 2000 Menschen gar keines. Selbst bei zweistelligen Minustemperaturen hat man noch Leute draussen gesehen, auch wenn es zum Glück Einrichtungen wie die Kältehilfe gibt.
Was ist ein wirklich originelles Mitbringsel?
Berliner Luft! Das ist ein beliebter Pfefferminzlikör. Leider wusste ich da noch nicht, dass es den auch hier im Coop gibt.
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