Sie halten keine Vorlesungen, tragen keinen Doktortitel und schreiben keine wissenschaftlichen Bücher – so oder so erfüllen administrative Assistentinnen und Assistenten wichtige Aufgaben. Cornelia Sidler kennt das «Innenleben» des Wissenschaftsbetriebs sehr genau.
Das Büro im vierten Stock an der Universität Luzern, das sich Cornelia Sidler mit drei Kolleginnen teilt, ist relativ klein und besteht im Wesentlichen aus PC-Arbeitsplätzen. «Früher hatte ich viele Unterlagen in Papierform, die Platz benötigten, aber diese Zeiten sind vorbei», sagt sie. Seit sie vor 18 Jahren an der Universität ihre Stelle als administrative Assistentin angetreten hat, ist viel passiert. Die heute 60-Jährige ist mit der Digitalisierung mitgegangen und ist längst gewohnt, mehr oder weniger papierlos zu arbeiten. «Ich muss diverse Plattformen und Programme kennen und beherrschen, damit komme ich gut zurecht.»
Für mehrere Professuren im Einsatz
Was gehört zur Tätigkeit einer administrativen Assistentin? «Eigentlich bin ich das Sekretariat der Professuren», fasst es Cornelia Sidler zusammen. Dabei tanzt sie auf verschiedenen Hochzeiten beziehungsweise unterstützt gleich mehrere Professorinnen und Professoren an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät im administrativen Bereich: im Privatrecht bei den Professorinnen Regina E. Aebi-Müller und Barbara Graham-Siegenthaler sowie bei Assistenzprofessor Oliver D. William, im öffentlichen Recht bei Professorin Mira Burri. Ausserdem seit gut vier Jahren und bis diesen Sommer an der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät beim Soziologischen Seminar.
Das tönt anspruchsvoll. Cornelia Sidler lächelt. Die Professorinnen und Professoren seien so etwas wie kleine Königinnen und Könige, was aber nicht negativ gemeint sei, betont sie. Alle hätten ein kleines Kontingent an Stellenprozenten, über das sie für Assistenzen und so weiter eigenständig verfügen könnten. Auch sie sei Teil dieser «Königreiche», meint sie und lacht. Zu ihrer Arbeit gehören beispielsweise Aufgaben wie das Pflegen der jeweiligen Website-Bereiche, die administrative Mithilfe während der Prüfungssessionen sowie bei der Literaturverwaltung, worüber ihre Chefinnen und Chefs sehr froh sind.
Weiter gehört das formelle Korrekturlesen, etwa von Beurteilungstexten zu Masterarbeiten oder von Fachtexten, zu ihren Aufgaben. «Zum Glück bin ich sprachlich einigermassen sattelfest, eine Fähigkeit, die ich noch von meiner Gymnasialzeit mitgenommen habe.» Auch bei den Vorlesungsvorbereitungen hilft sie tatkräftig mit. Sidler schaut im Vieraugenprinzip über Semesterpläne und weitere Unterlagen. Dabei gibt sie auch inhaltliche und sprachliche Feedbacks. «Ich finde immer etwas», sagt sie. Schwingt da eine Prise Stolz mit? «Ich bin von Natur aus sehr genau und würde mich als Perfektionistin bezeichnen.»
Ich schätze gestalterische Freiheiten.
Nebst den diversen Büroarbeiten springt sie am Lehrstuhl überall dort ein, wo Hilfe benötigt wird. Ein Highlight in ihrer bisherigen Zeit an der Universität war, als sie von 2009 bis 2020 das Sekretariat des Bereichs «Weiterbildung Recht» leitete. «Das Angebot richtet sich an Juristen und Anwältinnen, denen wir Weiterbildungen anbieten. Für mich war das sehr spannend, weil ich alles organisieren durfte.» Sie suchte und reservierte die Räumlichkeiten für die Veranstaltungen, engagierte das Catering und kümmerte sich um Flyer, Marketing, Website, Anmeldungen und die finanzielle Abrechnung. «Diese Selbstständigkeit habe ich geliebt. Ich schätzte die gestalterischen Freiheiten, die ich hatte, und konnte privatwirtschaftliches Denken in die Vermarktung der Weiterbildungen einbringen. Das habe ich sehr gerne gemacht.»
Zunächst in der Privatwirtschaft tätig
Cornelia Sidler fühlt sich auch in ihren aktuellen Tätigkeiten sehr wohl. Das ist so, seit sie an der Universität Luzern tätig ist. Davor arbeitete sie in der Privatwirtschaft unter anderem in einer Personalabteilung. Als sie Mutter wurde, reduzierte sie ihr Pensum. Heute lebt sie in Sempach- Station – hier am Sempachersee fand auch der Fototermin mit ihr statt. Grosse Freude bereitet ihr, dass sie vor Kurzem Grossmutter geworden ist. «Das freut mich riesig, ab dem Sommer werde ich mein Enkelkind einen Tag pro Woche hüten.»
Heute arbeitet Cornelia Sidler in einem 80-Prozent-Pensum. Wie geht das eigentlich, so viele Professorinnen und Professoren gleichzeitig zu unterstützen? Sehr gut, versichert sie. Mit ihrer langjährigen Erfahrung kenne sie die Abläufe, wisse, wo nachfragen und wie sie vorgehen könne. «Meine Arbeit ist sehr abwechslungsreich, jede Professorin hat andere Prioritäten. Und ich habe Glück, dass ich so viel Wertschätzung erhalte.» Die Zusammenarbeit sei gut und unkompliziert. Da die Universität noch relativ jung sei, gebe es keine alteingesessenen, verkrusteten Strukturen. Wichtig ist ihr, dass sie stets für alle fünf Professorinnen und Professoren verfügbar ist. «Niemand soll das Gefühl haben, sie oder er müsse bei mir hintenanstehen.» Sie denke und handle dienstleistungsorientiert, arbeite speditiv und flexibel. «Das wird sehr geschätzt.»
Ich lerne gerne immer wieder dazu.
Natürlich erhält Sidler bei ihrer Arbeit auch vertiefte Einblicke in die Inhalte der jeweiligen Lehrstühle. Vor einigen Jahren besuchte sie während eines Semesters die Vorlesung «Einführung in die Rechtswissenschaften». Das sei sehr spannend gewesen. Interessant findet sie auch die Veränderungen, die sie seit 2006 miterlebt hat. «Anfangs waren wir auf zig Standorte verteilt, eine ziemlich verzettelte Sache. Dass alles nun an einem Ort ist, vereinfacht die Arbeit.» Sie ist nach all den Jahren gut vernetzt und weiss viel über das Innenleben der Forschungs- und Bildungsstätte. «Ich würde sagen, dass ich die Uni ziemlich gut kenne», sagt Cornelia Sidler. Dies auch deshalb, weil sie immer wieder den Mut hatte, einen Bereich aufzugeben und sich in einen anderen einzuarbeiten. «Ich lerne gerne immer wieder dazu.»
In ihrer Freizeit geht sie viel und gerne in die Berge. Vor wenigen Jahren hat sie das Weitwandern entdeckt. Von Freunden hat sie den Tipp erhalten, dass es mehrtägige Wanderungen mit Säumern gebe, an denen man teilnehmen könne. So hat sie beispielsweise die Sbrinz-Route gemacht, diesen Sommer wird sie zum zweiten Mal an der Via-Valtellina-Wanderung mitmachen. «Da muss ich mich jeweils gut vorbereiten, weil diese Touren ziemlich anstrengend sind.» Schliesslich verrät sie ihre noch grössere Leidenschaft: das Schwyzerörgeli. Seit vier Jahren übt sie sich darin, auswendig zu spielen, auch vor Publikum, was für sie eine grosse Überwindung bedeutet. «Eigentlich bin ich ziemlich scheu; dass ich das nun schaffe, ist für mich grossartig.»