Interfakultäres und länderübergreifendes Antisemitismusseminar

In Kooperation mit den Theologischen Fakultäten der Universität Bonn und der Ruhr-Universität Bochum fand gemeinsam mit dem Institut für Jüdisch-Christliche Forschung (IJCF) vom 25. bis 27. Juli das Seminar «Christlicher Antisemitismus und neuere israeltheologische Ansätze» im Katholisch-Sozialen Institut in Siegburg statt.

Gruppenfoto der Teilnehmenden in Siegburg/Bonn
Gruppenfoto der Teilnehmenden in Siegburg/Bonn

Wie über das Judentum sprechen, sowie über das je eigene religiöse Selbstverständnis?

Dieser Frage gingen Theologiestudierende dreier Studienorte in Siegburg/NRW nach. In Bochum, Bonn und Luzern fanden zuerst Vorbereitungssitzungen statt, in denen grundsätzliche Fragen zum christlichen Antijudaismus und Antisemitismus behandelt wurden. Nach Siegburg angereist, hielt Dr. Simon Erlanger, Lehr- und Forschungsbeauftragter am IJCF, einen Abendvortrag, in dem er die historische Entwicklung des Antisemitismus darlegte. Studierende stellten ihm Fragen zur jüdischen Erwartungshaltung an eine katholische Theologie jüdisch-christlicher Beziehungen. Es fand ein intensiver Austausch statt, der für die Studierden informativ und erhellend war.

Das Seminar holte die inhaltlich gestellten Ansprüche ein. So sagte der Luzerner Doktorand Werner Risi abschliessend: «Die drei Tage haben mir verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass wir unser christliches Selbstverständnis immer wieder daraufhin überprüfen, ob es angelegt ist, um über andere religiöse Selbstverständnisse zu triumphieren oder bescheiden die eigenen Bilder und Begriffe als das zu akzeptieren, was sie im besten Fall sind: Annäherung an eine Wirklichkeit, die wir nicht zu fassen vermögen, auf die wir uns jedoch - vom Evangelium inspiriert - tastend hinbewegen.»

Initiatoren
Dr. Markus Adolphs, Universität Bochum
Dr. Lukas Wiesenhütter, Universität Bonn
Dr. Martin Steiner, Universität Luzern

Antisemitismussensible und -freie Theologie ist Aufgabe und Anspruch

Eine wertschätzende Haltung gegenüber dem Judentum fanden die Kirchen erst langsam nach der Shoah. Wichtige Ausgangspunkte waren dafür die «Zehn Thesen von Seelisberg», die 1947 entstanden und in die vatikanische Erklärung «Nostra aetate» am Zweiten Vatikanum (1963-1965) einflossen und damit zu einer «kopernikanischen Wende» im Verhältnis der Katholischen Kirche zum Judentum führten. «Eine das Judentum abwertende, überbietende Sprache bleibt ständige Gefahr christlicher Theologien, wenn diese nicht antisemitismussensibel und antisemitismusfrei betrieben wird», so Dr. Martin Steiner, Professurvertreter für Theologie und Judaistik, der die interfakultäre und länderübergreifende Kooperation mitinitierte. Das Seminar setzte sich damit auseinander, wo in der gegenwärtigen Theologie noch Handlungsbedarf besteht, um sich gegen den christlichen Antijudaismus abzugrenzen. Zugleich wurden Neuaufbrüche in der Israeltheologie reflektiert, die nach Wegen suchen, die Verwiesenheit der Kirche auf das Judentum in einer nicht überbietenden Weise darzustellen.