Was wird aus dem Menschen? Plädoyer für einen neuen Humanismus
Am Montag, 6. November 2023, hält Thomas Fuchs, Psychiater und Philosoph sowie Professor an der Universität Heidelberg, einen Gastvortrag an der Universität Luzern.
Die gegenwärtige Sicht des Menschen auf sich selbst ist gekennzeichnet von einer tiefen Ambivalenz. Einerseits misst sich der Mensch die gottgleiche Macht zu, künstliche Intelligenz, künstliches Leben oder sogar Bewusstsein zu erzeugen. Auf der anderen Seite steht ein tiefer Pessimismus, gepaart mit menschlicher Selbstverachtung. Der Posthumanismus in seinen radikaleren Varianten verschreibt sich der Abdankung der Menschheit, die am besten von ihrer eigenen künstlichen Nachkommenschaft entthront werden solle. Der Vortrag untersucht die Entwicklung dieser Ambivalenz seit der Neuzeit und führt sie auf ein Schwanken zwischen Allmachts- und Ohnmachtsgefühlen zurück, dem letztlich ein kollektiver Narzissmus zugrundeliegt. Wir versuchen, eine innere Leere zu kompensieren, indem wir durch die Spiegelung unserer selbst in anthropomorphen Maschinen, in digitaler Intelligenz und in virtuellen Bildern ein ideales Selbstbild erschaffen. Angesichts dieser Entwicklung plädiere ich für einen neuen Humanismus, der auf unserer Verkörperung, unserer Zwischenleiblichkeit mit anderen und unserer Einbettung in eine ökologische Umwelt des Lebendigen basiert.