Projektbeschrieb: NFP 67 "Lebensende"

Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Lebensende“ – kurz NFP 67 –  hat der Schweizerische Nationalfonds u.a. zwei Forschungsprojekte an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern gefördert. Das Projekt von Prof. Regina E. Aebi-Müller trägt den Titel „Selbstbestimmung am Lebensende im Schweizer Recht: Eine kritische Auseinandersetzung mit der rechtlichen Pflicht, selber entscheiden zu müssen“. Zum Projekt von Prof. Bernhard Rütsche gelangen Sie hier.

Die Zulässigkeit medizinischen Handelns wird in der Schweiz heute von der Selbstbestimmung der Patientinnen und Patienten geprägt. Der Begriff der Selbstbestimmung umfasst - im rechtswissenschaftlichen Sinne - das Verfügungsrecht des Einzelnen über seinen Körper und damit auch über sein Leben. Die Einwilligung rechtswirksam erteilen können jedoch nur urteilsfähige und aufgeklärte Patientinnen und Patienten. Das  Rechtskonzept der Urteilsfähigkeit wird im Kontext von Entscheidungen am Lebensende besonders herausgefordert.

Das Forschungsprojekt hat untersucht, ob das heutige System des schweizerischen Handlungsfähigkeitsrechts (einschliesslich Patientenverfügung und gesetzliche Vertretungsrechte) im Kontext medizinischer Entscheidungen am Lebensende tragfähig ist und ob der Regelungsrahmen des Erwachsenenschutzrechts der medizinischen Wirklichkeit sowie den Bedürfnissen Sterbender und ihrer Angehöriger gerecht wird. 

Da Fragen im Kontext medizinischer Entscheidungen am Lebensende mit rechtswissenschaftlichen Methoden allein nicht beantwortet werden können, wurde zunächst eine empirische Studie durchgeführt. Dabei wurde untersucht, wie Entscheidungsprozesse am Lebensende bei Hausärzten, Spitalärzten und Ärzten in Altersheimen und Hospizen tatsächlich ablaufen, nach welchen Massstäben Entscheidungen am Lebensende getroffen werden und mit welchen Problemstellungen das medizinische Personal in diesen Institutionen konfrontiert ist. Aufgrund der Ergebnisse wurden Schwachstellen sowohl im Bereich der medizinischen Praxis wie auch im Zusammenhang mit der geltenden Rechtslage deutlich. Die weitere Forschung im Rahmen des Projekts hat diese Schwachstellen eingehend beleuchtet und konkrete Vorschläge zuhanden des Gesetzgebers erarbeitet.

Das Projekt wurde im Frühjahr 2017 abgeschlossen. Nachfolgend finden Sie einige Ergebnisse und Publikationen der Forschung des Teams von Prof. Regina E. Aebi-Müller.

AUSGEWÄHLTE PUBLIKATIONEN

  • Empirische Studie
    Zur medizinischen Praxis der Selbstbestimmung am Lebensende wurde eine empirische Studie durchgeführt und im Jahr 2014 abgeschlossen. Den Schlussbericht der Studie finden Sie hier: "Entscheidungen am Lebensende".

    Bitte beachten Sie folgenden Zitiervorschlag für den Schlussbericht: Iris Graf / Peter Stettler / Kilian Künzi et al., Entscheidungen am Lebensende in der Schweiz, sozial-empirische Studie nach Konzept und im Auftrag von: Regina Aebi-Müller / Bianka Dörr / Andreas U. Gerber / Daniel Hürlimann / Regina Kiener / Bernhard Rütsche / Catherine Waldenmeyer, Bern 2014
     
  • Selbstbestimmung am Lebensende: Realität oder Illusion?
    Eine kritische Analyse von Rechtslage und medizinischer Praxis

    In ihrer Dissertation hat Dr. Stefanie Haussener Entscheidungen am Lebensende aus Sicht von Recht, Medizin und Ethik untersucht. Sie gelangt zum Schluss, dass die geltende Rechtslage nicht in allen Bereichen überzeugt. Auch die medizinische Praxis ist verbesserungswürdig. Sie formuliert konkrete Lösungsansätze insbesondere zuhanden von Gesetzgeber, Gerichten und Erwachsenenschutzbehörden sowie Medizinalpersonen und Spitälern. Nähere Informationen zur Dissertation finden Sie hier. Die Dissertation von Frau Dr. Haussener wurde im Jahr 2018 mit dem Walther Hug-Preis ausgezeichnet. Hier finden Sie einen Aufsatz zum Thema Entscheidungen am Lebensende im Spannungsfeld zwischen Selbst- und Fremdbestimmung, Patientenwillen und -wohl.


WISSENSCHAFTLICHE TAGUNGEN

  • Am FR, 27. Januar 2017 fand an der Universität Luzern die Tagung "Advance Care Planning" statt. Dabei ging es um die gemeinsame Vorausplanung medizinischer Behandlungen für urteilsfähige und urteilsunfähige Personen - Entwicklungen und Perspektiven.
  • Am DO, 24. September 2015 fand eine Tagung statt mit dem Titel: "Selbst- und Fremdbestimmung am Lebensende - Wer entscheidet über das Sterben?"

    Dokumente & Podcasts zur Tagung vom 24. September 2015 finden Sie weiter unten auf dieser Website.


AUSGEWÄHLTE VORTRÄGE

  • Vortrag von Dr. Bianka S. Dörr anlässlich der Dialogveranstaltung vom 21. April 2016. Hier finden Sie die Folien.
  • Vortrag von Prof. Dr. Regina E. Aebi-Müller anlässlich des Nationalen Palliative Care Kongresses vom 16.-17. November 2016, „Erwachsenenschutzrecht und Palliative Care – Chancen und Herausforderungen“. Hier finden Sie folgende Unterlagen: Slides und Abstract.