Albanische Moschee Netstal
Xhamia Glarus
Albanisch-Islamische Glaubensgemeinschaft (AIG)
Kleinzaun 1
8754 Netstal
Gebäudetyp: | Moschee |
Grundfläche des Gebäudes: | 300 m2 |
Fläche des Grundstücks: | 2844 m2 |
Gebäudehöhe: | 9 m |
Kosten: | 2.5 Mio. Fr. |
Einsprachen: | Nein |
Bauherrschaft: | Albanisch-Islamische Glaubensgemeinschaft (AIG) |
Architekten: | Nafi Avdili, Arch. bsc FHO |
Spatenstich: | 18. April 2015 |
Bauzeit: | 1 Jahr |
Einweihung: | April 2016 |
Religiöse Tradition: | sunnitischer Islam |
Erste Idee bis Einweihung: | 3 Jahre |
Wer von Norden her im glarnerischen Netstal mit der Bahn ankommt, muss die Moschee nicht lange suchen. 200 Meter, bevor der Zug hält, ist sie linkerhand unmittelbar neben den Bahngeleisen bereits zu sehen. Das Grundstück, in der Industrie- und Gewerbezone gelegen, ist vom Bahnhof nur durch die Molliserstrasse getrennt. Das Einkaufszentrum Wiggispark auf der gegenüberliegenden Seite der Bahngeleise ist ein anderer grosser Nachbar der Moschee.
Das schlichte, moderne Gebäude entspricht von aussen nicht dem klassischen Bild einer Moschee. Ein Minarett sucht man vergebens, und die kleine, niedrige Kuppel über dem Gebetssaal ist nur im Innern sichtbar. Erst auf den zweiten Blick weisen einzelne äusserliche Elemente den Bau als etwas Besonderes aus: der orientalische blinde Spitzbogen über dem Haupteingang, die Metallprofile in Arabeskenmustern über den Fenstern, das umlaufende, nachts beleuchtete Fries mit seinem sich wiederholenden Zeichenmuster, die oft belebte Restaurantterrasse mit Aussenbereich im Souterrain und die Ausrichtung nach Südosten, wo Mekka liegt.
Seit 1991 besteht die Islamische Albanische Gemeinschaft im Kanton Glarus. Wie viele andere Gemeinschaften hegte sie mit der Zeit den Wunsch nach einer eigenen Moschee anstatt einem gemieteten Raum. Dringlicher wurde die Frage 2012, als der Abriss ihres damaligen Lokals absehbar wurde. Ob sie ein bestehendes Objekt umbauen oder von Grund auf neu bauen würde, stand am Anfang noch offen, aber nachdem sie 2013 ein Stück Land in Netstal kaufen konnte, war klar, dass es einen Neubau geben würde. Das Geld für den Boden kam von den Mitgliedern des Vereins, für die weitere Finanzierung nahmen sie eine Hypothek auf. Eine Bank zu finden, die ihnen eine Hypothek gewähren wollte, war anfangs eine Herausforderung, man wurde aber schlussendlich fündig bei einer Regionalbank. Im März 2014 reichte der Verein das Baugesuch ein. Einsprachen oder Nachbesserungsbedarf gab es nicht, so dass das Gesuch bereits im November 2014 bewilligt wurde. Wenig später, im März 2015 war Baubeginn. Ein weiteres Jahr später, im März 2016 war der Bau fertiggestellt, und im April konnte der Verein die Moschee beziehen.
Irfan Lika, der junge Präsident des Vereins, erzählt: „Wir bauen eine Moschee, aber wir wollen niemanden provozieren. Uns, war es viel wichtiger, dass alle wissen, dass hier eine Moschee ist, ohne Minarett, ohne grosse Kuppel, ohne viel in den Medien zu sein, ohne Propaganda, ohne nichts. Dass wir einfach nur zeigen, nicht verstecken: Wir sind hier.“ Das Projekt wurde unter der Leitung von Irfan Lika und dem Architekten Nafi Avdili umgesetzt, aber die Moschee ist klar ein Gemeinschaftsprojekt aller Vereinsmitglieder. Einerseits durch finanzielle Beiträge, aber auch durch die Mitarbeit am Bau und beim Unterhalt. „Ein bisschen von der Moschee gehört jedem, der auch nur fünf Rappen gespendet hat“, so Irfan Lika. Nach der Vollendung des Baus bleibt noch die Hypothek, die der Verein so schnell wie möglich abbezahlen möchte.
Irfan Lika ist in der Schweiz aufgewachsen und wurde im Jahr 2012 mit 24 Jahren zum Präsidenten der Islamischen Albanischen Gemeinschaft gewählt. Seither ist er Präsident und hat mit vollem Einsatz das Bauprojekt vorangetrieben. Auch die Suche nach einem passenden Imam ist ein grosses Thema, das ihn beschäftigt hat. Zur Stellung der Islamisch Albanischen Gemeinschaft in der Schweiz meint er: «Wir wollen miteinander hier zusammenleben. Jeder darf leben und glauben wie er will, nur verstecken wollen wir uns hier nicht. Wir sind froh, stolz und sehr, sehr dankbar, dass wir hier sein dürfen, dass wir hier bauen dürfen.»
Vor der Einreichung des Baugesuchs informierte der Verein die direkten Nachbarn über das Bauvorhaben, um von Anfang an Klarheit zu schaffen und falls nötig Kompromisse zu finden. Den Dialog zu pflegen, zu informieren und Vorurteile abzubauen, ist ein wichtiges Anliegen des Vereins. Bereits im Juli 2016, kurz nach der Eröffnung, organisierten die Mitglieder einen sehr erfolgreichen Tag der offenen Tür und stehen auch sonst jedem bereit, der sich gerne selbst ein Bild machen möchte. Sie konnten schon viele Rundgänge für Kirchen und Schulen durchführen und die grosse Nachfrage war ein Anlass der Freude für die Gemeinschaft. Obwohl sie auch mit Vorurteilen und Anschuldigungen zu tun hatten und im Blick der Medien standen, sagt Irfan Lika, es sei «wichtiger, was die Leute selber fühlen und natürlich auch sehen».
«Islam» bedeutet «Hingabe (an Gott)». Muslim ist derjenige, der sich Gott hingibt. Der Islam betont denn auch stark die Einheit, Einzigkeit und Allmacht Gottes. Er stellt sich in die jüdisch-christliche Offenbarungstradition mit Abraham als Urbild des Gläubigen und zählt so zu den «monotheistisch-abrahamitischen Religionen». Entstanden ist der Islam im 7. Jahrhundert n. Chr. auf der Arabischen Halbinsel. Der Mekkaner Muhammad (ca. 570 - 632 n. Chr.) erlebte seit etwa dem Jahr 610 bis zu seinem Tod Offenbarungen, die von seiner Anhängerschaft memoriert und um das Jahr 650 n. Chr., rund zwanzig Jahre nach Muhammads Tod, als fester Textbestand im Koran (wörtlich: Lesung) gesammelt wurden. In der Sicht des Korans ist Muhammad nur einer – der letzte – in der Reihe der Gottesgesandten seit Adam, als Überbringer der letztgültigen Offenbarung ist er «das Siegel der Propheten». In seiner Heimatstadt Mekka erlebte Muhammad anfangs so starke Anfeindung, dass er mit seinen Anhängern nach Medina auswanderte, wo er als Vermittler zwischen verfeindeten Stämmen willkommen war und in der Folge ein religiös geprägtes Gemeinwesen aufbauen konnte.
Nach Muhammads Tod wurden die sorgsam gesammelten Berichte (Hadithe) über seine Handlungen und Aussprüche neben dem Koran zum zweiten Orientierungspunkt für die junge Gemeinschaft. Sie umschreiben das vorbildhafte Verhalten des Propheten, die Sunna. Nach ihr benennen sich die Sunniten, die rund 90 Prozent der Muslime ausmachen. Die übrigen sind grösstenteils Schiiten, die sich in den Jahrzehnten nach Muhammads Tod wegen Fragen der Nachfolge in der Leitung der Gemeinde hinter Muhammads Cousin und Schwiegersohn Ali sammelten und auch später untereinander weiter spalteten.
Die fünf Grundpflichten des erwachsenen Muslims und der Muslimin sind die Schahada, das Glaubensbekenntnis («Es gibt keine Gottheit ausser Gott, und Muhammad ist der Gesandte Gottes»), weiter fünfmal täglich zu bestimmten Zeiten das Gebet (Salat) Richtung Mekka, die Sozialabgabe (Zakat), das Fasten im Monat Ramadan zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang sowie – einmal im Leben –die Pilgerfahrt nach Mekka (Hadsch).
In der Schweiz leben rund 500'000 Muslime, unter ihnen rund 30'000 Schiiten. Etwas über die Hälfte der Muslime in der Schweiz stammen aus Ländern des ehemaligen Jugoslawien, knapp ein Fünftel aus der Türkei; mehr als ein Drittel der muslimischen Bevölkerung besitzt die Schweizer Staatsbürgerschaft. Zu erwähnen sind auch die schätzungsweise rund 35'000 Aleviten, meist türkischstämmige Anhänger einer religiösen Tradition mit schiitischen aber auch nicht-islamischen Elementen; sie sind eigenständig organisiert und betrachten sich selber oft nicht als Muslime.