Religionswissenschaft unterwegs
Ab und zu werden Mitarbeitende und Studierende des Religionswissenschaftlichen Seminars zu einem Ausflug eingeladen. Hier finden Sie Fotos und Berichte zu den besuchten Orten.
Renzo Testorelli berichtete Interessantes zur Entstehung, Geschichte und Architektur des Englischen Friedhofs. Anschliessend verweilten wir noch etwas im Hermitage am See.
Yoga als religiöse (Körper-)Praxis oder Breitensport? Und was fängt die Religionswissenschaft damit an? In dieser Ausgabe von Religionswissenschaft unterwegs sind wir diese Frage ganz praktisch angegangen: Mit einem Besuch bei Remo Soland, Absolvent der Religionswissenschaft in Luzern und ausserdem langjähriger Yoga Lehrer.
Wir liessen uns über seinen Persönlichen Weg zwischen Yoga und Religionswissenschaft berichten und erhielten davon auch gleich Eine Kostprobe: Er skizzierte wie Yoga-Übungen mit hinduistischen Vorstellungen vom menschlichen Körper und der Kosmogonien zusammenhängen. Doch zunächst vermittelte uns Soland mit einen Blick in die Geschichte wie «Yoga» von einer Geheimlehre einzelner Religiöser Spezialisten auf dem Indischen Subkontinent zum Feierabendprogramm bei «unisport» Luzern werden konnte. Es scheint grade die Re-Lektüre dieser Praxis als «Sport» statt als «Religion» zu sein, die diesen Weg begünstigt hat und das nicht erst seit gestern: Bereits in den 1920er Jahren fand im kolonialen Indien eine neu-Interpretation von «Yoga» in diese Richtung statt – der wohl bekannte Sonnengruss ist übrigens ein Ergebnis dieser Innovation. Und natürlich durften auch ein paar Yogische Übungen nicht fehlen – zugegebenermassen hielten sich diese aber in einem eher breitensportlichen Rahmen.
Am 18. Mai war die Luzerner Religionswissenschaft zum ersten Mal gemeinsam „unterwegs“: Studierende, Promovierende, MitarbeiterInnen und Dozentinnen haben sich aufgemacht, um im ehrwürdigen Gebäude des historischen Museums gemeinsam eine Welt kennen zu lernen, die geographisch ganz nah, inhaltlich aber doch den meisten recht unbekannt gewesen sein dürfte: die Welt der Würgegeister, Wiedergänger und Totenwege: Kurt Lussi, Konservator für Volkskunde und Forscher zu magisch-religiösen Vorstellungen im Alpenraum, berichtete in seinem lebhaften Vortrag von Erzählungen, die er in der Region Luzern über das Wirken von unruhigen Totengeistern oder vergleichbaren Phänomenen gesammelt hat und von der Erfahrung mit „Energien“, die in solchen Vorstellungen manifest seien. Anhand von Exponaten erzählte der Referent von den vielfältigen und kreativen Praktiken, mit denen die Beteiligten einen aktiven Umgang mit diesen Erfahrungen ‘der dritten Art’ suchen und die es von alters her bis in die jüngste Zeit zur Abwehr und Beschwichtigung solcher Wirkmächte gab und gibt: Man streue beispielsweise Mohnsamen um das „Toggeli“, das einem den Schlaf raubt, abzuhalten. Der zehrende und würgende Geist ist dann nämlich bis zum Morgen damit beschäftigt, erst mal ein Samenkorn nach dem anderen aufzuzehren, bevor er sich seinem eigentlichen Opfer – dem Schlafenden – zuwenden kann. Oder man nutze ein Hufeisen mit drei Löchern: Es verbindet formvollendet die ‚vorchristliche‘ Potenz von Eisen mit jener der Dreifaltigkeit.
Der Vortrag gab in der kleinen Runde Anregung zum Gespräch, präsentierte er doch Vorstellungen und Praktiken, die wir sonst eher aus weit entfernten Zusammenhängen, als aus der regionalen Religionsgeschichte kennen und stellte er doch – auch einmal ganz anders als im Seminar – buchstäblich die Gretchenfrage in den Raum. Der anschliessende Apéro war die passende Kulisse, um mit dem Referenten, den KommilitonInnen und Mitarbeitenden des Seminars ausführlich über das Gehörte ins Gespräch zu kommen und zu diskutieren.
Damit war die erste Auflage von „Religionswissenschaft unterwegs“ eine runde Sache, die Lust auf mehr macht und den Anfang einer Seminartradition markieren soll.