Religionen

Über das Projekt

www.religionenchweiz.ch ist ein Projekt des Religionswissenschaftlichen Seminars der Universität Luzern.

Letzte Aktualisierung: März 2015

Religionen in der Schweiz - unbekannte Vielfalt in der Entdeckung

Noch weitgehend unbekannt - doch zunehmend in der Öffentlichkeit und von den Medien wahrgenommen: In der Schweiz finden sich mittlerweile zahlreiche alte wie neue Religionen und religiöse Bewegungen. Die Schweiz ist nicht nur multikulturell, sondern auch religiös plural gestaltet. Wenn der religiöse Pluralismus in der Schweiz auch über Jahrhunderte gewachsen ist, so tritt die Vielfalt religiöser Traditionen und Optionen doch erst seit kurzem verstärkt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit. Neben christlichen Kirchen und jüdischen Synagogen entstanden buddhistische Klöster, muslimische Moscheen, hinduistische Tempel sowie Zentren und Tagungshäuser vielfältiger religiöser Gruppen und Traditionen.

Für die Schweiz lassen sich die Prozesse der Pluralisierung auf der Grundlage der Eidgenössischen Volkszählungen 1970 bis 2000 und der Strukturdatenerhebung 2010 anschaulich festhalten. Es zeichnen sich hier drei prägnante Trends ab:

Trend 1: Die Monopolstellung der christlichen Kirchen in Sachen Religion ist unverkennbar zurückgegangen und schwindet vorerst weiterhin. Gehörten 1970 noch 98 Prozent der Schweizer Bevölkerung den christlichen Kirchen an, so ging der Anteil 2010 auf 72 Prozent der Bevölkerung zurück (Bovay 2004: 11; Bundesamt für Statistik 2012). Bei den evangelisch-reformierten Kirchen beispielsweise sank gerade in den grossen Städten wie Basel, Genf und Zürich die Mitgliederzahl um die Hälfte. Es ist ein rapider Gemeinderückgang zu verzeichnen (Stolz/Ballif 2010). Auffallend: Obwohl weiterhin die Mehrheit Mitglied in christlichen Kirchen ist, ist der Anteil der sogenannten "Kerngemeinde" auf lediglich 17 bis 24 Prozent geschrumpft. Zwei Drittel der Kirchenmitglieder, 64 bzw. 66 Prozent, sind sogenannte "Distanzierte" (Stolz et al. 2011a: 11). Der Theologe David Plüss spricht daher zugespitzt von einer "Standby Mitgliedschaft" vieler Christen in der Schweiz (Plüss/Portmann 2011: 13). Gerade die sich als "Volkskirchen" verstehenden Landeskirchen sind den "Megatrends" von Individualisierung, Zunahme neuer Lebensformen, Wertewandel und religiöser Pluralisierung nachdrücklich ausgesetzt.

Trend 2: Die Religionslandschaft der Schweiz ist infolge von Migrationprozessen und Religionswechsel ansatzweise pluraler und vielfältiger geworden. Insbesondere die Zuwanderung von Arbeitern und Flüchtlingen aus Nord- und Schwarzafrika, dem Nahen Osten, Ländern Asiens sowie Ex-Jugoslawien hat zu einer auch zahlenbezoge-nen, wenn auch noch geringen, Veränderung des religiösen Spektrums geführt. Aktuell leben neben reformierten und römisch-katholischen Christen ebenso freikirchliche und orthodoxe Christen unterschiedlicher national-liturgischer Ausprägungen, liberale und orthodoxe Juden, Muslime verschiedener Traditionen, Buddhisten, Hindus, Sikhs und Angehöriger weiterer Religionen in der Schweiz (Baumann/Stolz 2007: 39-66). Der Anteil nichtchristlicher Religionen ist von 1970 von einem Prozent auf gegenwärtig knapp 6 Prozent angestiegen. Die grösste Gruppierung bilden Muslime mit 4,5 Prozent und geschätzten 350 000 Personen. Zahlenbezogen kleiner sind Hindus mit ca. 50 000, Buddhisten mit 25 000 und Juden mit etwa 17 000 Personen vertreten (Baumann/Stolz 2007 und Bundesamt für Statistik 2012).

Trend 3: In den vergangenen drei Jahrzehnten ist ein sich verstärkender Trend festzuhalten: eine Abwendung von der organisierten Religion, insbesondere der Austritt aus den christlichen Grosskirchen. Damit steigt der Anteil der sogenannten Konfessionslosen bzw. Personen ohne Religionszugehörigkeit. Sie stellten 1970 noch 1,1 Prozent der Bevölkerung, 40 Jahre später ist der Anteil auf 20,1 Prozent oder 1,3 Millionen Personen angewachsen (Bundesamt für Statistik 2012 und Bundesamt für Statistik, Tabelle für Ende 2010). Amtlich benannte "Konfessionslose" sind zwar nicht mehr Mitglied in einer religiösen Institution, jedoch nicht gänzlich areligiös. Vielfach sind sie auf individueller spiritueller Suche und bedienen sich eifrig aus dem "Supermarkt" spirituell-esoterischer Angebote (Stolz, Jörg et al. 2011a: 7-8).

Die Kurzportraits zu verschiedenen religiösen Traditionen und Religionen sollen eine knappe Orientierung ermöglichen. Kurz heisst, in nicht mehr als 1.000 Worten. Die Darstellungen skizzieren die Geschichte der jeweiligen Tradition in der Schweiz, benennen wichtige Zentren und Organisationen und geben Hinweise auf Adressen und weiterführende Literatur. Die Liste der Kurzportraits wird nach und nach erweitert.

Weiterführende Literatur

  • Baumann, Martin, Stolz, Jörg (Hg.): Eine Schweiz - viele Religionen. Risiken und Chancen des Zusammenlebens, Bielefeld 2007.
  • Bovay, Claude: Religionslandschaft in der Schweiz. Eidgenössische Volkszählung 2000, im Auftrag des Bundesamtes für Statistik, Neuchâtel 2004.
  • Bundesamt für Statistik: "Strukturerhebung der eidgenössischen Volkszählung 2010: Ein Fünftel der Bewohnerinnen und Bewohner ist konfessionslos", Medienmitteilung vom 19.06.2012, online
  • Plüss, David, Portmann, Adrian: "Säkularisierte Christen und religiöse Vielfalt. Religiöses Selbstverständnis und Umgang mit Pluralität innerhalb des Christentums", Schlussbericht im NFP 58, Bern 2011, online.
  • Stolz, Jörg, Ballif, Edmée: Die Zukunft der Reformierten. Gesellschaftliche Megatrends - kirchliche Reaktionen, Zürich 2010.
  • Stolz, Jörg et al.: Religion und Spiritualität in der Ich-Gesellschaft. Vier Gestalten des (Un-)Glaubens, Zürich 2014.