Vreni Spoerry sieht Erfolgsfaktoren der Schweiz in Gefahr
Die ehemalige National- und Ständerätin war für einen Vortrag im Rahmen der Reichmuth & Co. Lectures zu Gast an der Universität Luzern. Die wichtigsten Ausschnitte des Referats sind nun in einem Video verfügbar.
In Ihrem Referat hob Vreni Spoerry eine Reihe von Faktoren hervor, die dafür gesorgt haben, dass sich die Schweiz von einem Armenhaus zu einem der reichsten Staaten der Welt entwickeln konnte. Aus historischer Perspektive bildete dafür laut Spoerry der für die Schweiz im Verhältnis glimpfliche Verlauf der beiden Weltkriege eine wichtige Grundlage. Darüber hinaus nannte sie die gemeinhin als zuverlässig, fleissig und innovativ bekannte Arbeitsweise der Schweizer sowie die direkte Demokratie und den Föderalismus als wichtige Stützpfeiler des Schweizer Erfolgsmodells.
Einen Teil dieser Erfolgsfaktoren sieht Vreni Spoerry in Gefahr: Sie nannte dabei die für die Schweizerische Demokratie wichtigen Grundwerte der Toleranz und Kompromissfähigkeit, welche sie schwinden seht. Für Spoerry liegt dem Wesen unserer Demokratie zugrunde, dass niemand über die einzig richtige Wahrheit verfügt. Wahrheiten sähen je nach Standpunkt völlig anders aus - als Teil der Kompromissfindung müsse man aufeinander zugehen, bis jeder Beteiligte in einem Kompromiss ein kleines bisschen seiner Wahrheit wiederfinde.
Nebst den politischen und wirtschaftlichen Garanten von Wohlstand und Stabilität ging Spoerry auch auf die Themenbereiche der Altersvorsorge sowie der Energieversorgung und den Klimawandel ein. Bei den letzteren Punkten verwies die Alt-Ständerätin auf Problemstellungen in Zusammenhang mit dem geplanten Atomausstieg, wie die steigende Abhängigkeit von ausländischen Stromimporten, wenn gleichzeitig die Versorgung durch erneuerbare Energien nicht abgedeckt werden könne und der Strombedarf durch die gesetzten CO2-Emissionsziele steige.
Nicht nur beim Klima sollten wir laut Vreni Spoerry an die nachfolgenden Generationen denken, sondern auch bei allen anderen Belangen, welche für die Lebensqualität wichtig sind. Als elementar sieht sie in diesem Zusammenhang die Altersvorsorge. Damit den nachfolgenden Generationen nicht nur Schulden hinterlassen würden, bestehe dringender Handlungsbedarf. Um die Erhöhung des Rentenalters komme man dabei nicht herum, zusätzlich werde es für die zukünftige Finanzierung wahrscheinlich zu einem Kompromiss zwischen dem Abbau von Leistungen und der Erhebung neuer Mittel kommen.
Die gelernte Juristin Vreni Spoerry ist Mitglied der FDP und gehörte über zwei Jahrzehnte zu den prägenden Politikerinnen der Schweiz. Als Nationalrätin war sie über zehn Jahre (1983 bis 1996) Teil der grossen Kammer des Schweizer Parlaments. Von 1996 bis 2003 vertrat Spoerry den Kanton Zürich im Ständerat. Darüber hinaus war sie für verschiedene Unternehmen als Verwaltungsrätin tätig.