Kleine Einführung in die feministische Ethik
Am Mittwoch, 23. November 2022 um 19.00 Uhr hält die Philosophin Fiona Wachberger einen Vortrag zur feministischen Ethik. Damit endet die Vortragsreihe «Feministische Philosophie» der Philosophischen Gesellschaft Zentralschweiz PGZ. Doch was ist feministische Ethik überhaupt?
Unsere Vorstellungen davon, was gut ist und was schlecht, sind oft geprägt von Moralvorstellungen, die weit in die Vergangenheit zurückreichen. Die Ethik beschäftigt sich mit der Beurteilung unserer Handlungen, Prinzipien oder Werte. Als Teilbereich der Philosophie wurde die Ethik lange Zeit jedoch sehr einseitig bewirtschaftet, denn die meist männlichen Philosophen befanden, dass Frauen weder Vernunft noch Verstand besässen. Frauen wurde also die Fähigkeit abgesprochen, mitphilosophieren zu können.
Altes Wissen verändern und ergänzen
Dass Frauen sowohl Vernunft wie auch Verstand besitzen, mag heute unbestritten sein. Trotzdem sind unsere Moralvorstellungen noch immer geprägt von einer männlichen Philosophie. Es gilt beispielsweise als gut, selbstständig und unabhängig zu sein. Woher diese Einschätzung kommt, ist nicht auf Anhieb klar.
Auch im Wissenschaftsbetrieb gilt oft noch ein sehr männlich geprägter Kanon. Erst kürzlich wurden beispielsweise die Lektürempfehlungen des Philosophischen Seminars der Universität Luzern angepasst, um nunmehr über 50 statt nur eine weibliche Autorin zu empfehlen. So versteht denn auch Fiona Wachberger, die an der Universität Luzern zu praktischer Philosophie lehrt, eine Aufgabe des Feminismus: Er ist in diesem Fall eine Kritik an der traditionellen Philosophie. Fiona Wachberger findet daran spannend, das Bisherige kritisch zu hinterfragen und neu zu denken.
Weibliche Perspektive erforschen
Die feministische Ethik befasst sich mit dieser Frage nach dem möglichen Neuen. Sie besteht aus einer kritischen Auseinandersetzung mit der bestehenden Ethik sowie einer Ergänzung davon durch Beiträge von und über Frauen. 1982 erschien aus diesem Bestreben heraus eine Theorie der amerikanischen Psychologin Carol Gilligan: Die Theorie der «weiblichen Moral».
Gilligan wollte in erster Linie untersuchen, welche Moralvorstellungen Mädchen und Frauen haben, denn diese wurden in zuvor angelegten Studien über Moral von den Untersuchungen ausgeschlossen. Sie fand dabei Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Neben dem Einsatz der feministischen Ethik, ungehörte Stimmen in den Diskurs über Ethik und Moral einzubringen, besteht seither somit auch die Frage nach einer möglichen Existenz einer «weiblichen Moral».
Vortrag für alle Interessierten als Einführung
Im Vortrag geht Fiona Wachberger dieser Idee einer «weiblichen Moral» nach und zeigt dabei deren Chancen, aber auch Risiken auf. Ausserdem übt sie Kritik an den noch heute wirksamen Einschränkungen in den Vorstellungen über das Frausein. Für den Vortrag ist keinerlei Vorwissen nötig, er ist offen für alle – gerne sollen auch universitätsfremde Personen vorbeikommen.
Beim anschliessenden Feierabendbier zusammen mit dem feministischen Hochschulkollektiv kann gemeinsam mit der Referentin weiterdiskutiert werden. Denn für Fiona Wachberger ist die Philosophie auf einen offenen und lebendigen Diskurs angewiesen, um mit den ständig verändernden Lebensumständen Schritt zu halten.
Dieser Artikel wurde von Valerio Moreno basierend auf einem Gespräch mit Fiona Wachberger verfasst. Er studiert im Bachelor Kulturwissenschaften mit Major Soziologie an der Universität Luzern.
Zum Anlass
Vortrag «Kleine Einführung in die feministische Ethik»
Datum: 23. November 2022
Zeit: 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr
Ort: Universität Luzern, Frohburgstr. 3, Raum 3.A05
Eintritt: CHF 10.- / Mitglieder, Schüler*innen und Studierende gratis
Mehr Informationen
Zur Referentin
Fiona Wachberger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am philosophischen Seminar der Universität Luzern. Dort unterrichtet sie praktische Philosophie, u.a. im Bereich der feministischen Philosophie. Sie doktoriert an der Universität Tübingen und forscht aktuell zur Darstellung von Frauen als Mörderinnen in der Kriminalliteratur.