In vier Tipps zu einer gelungenen wissenschaftlichen Arbeit
Wissenschaftliches Schreiben gehört an der Uni Luzern zum Pflichtprogramm. Die Studentin Chantal Hüsler teilt ihre Tipps und Tricks zum Verfassen von schriftlichen Arbeiten.
Wenn sich meine Bücher alphabetisch sortiert in den Regalen reihen, meine Kaffeetassen der Grösse nach aufgereiht im Schrank stehen und meine Kleidung nach Mustern und Farben geordnet an ihren Bügeln hängt, ist es höchstwahrscheinlich an der Zeit, endlich meine Seminararbeit zu schreiben. Von Prokrastination zu sprechen, wäre untertrieben, ich flüchte regelrecht vor den noch leeren Seiten! Doch mit der Zeit kommt die Routine und mit der Routine die Zuversicht.
Tipp Nr. 1: Am Anfang ist das Seminar
Eine gute Arbeit setzt eine präzise Forschungsfrage voraus. Meine Faustregel ist: je kleiner mein Forschungsbereich, desto genauere, fundiertere und somit auch überzeugendere Ergebnisse kann ich liefern. Um eine zielführende Forschungsfrage stellen zu können, bedarf es einer gewaltigen Portion Wissen.
Seminare verschaffen hier einen guten Überblick über mögliche Forschungsthemen, wie auch über die relevante Literatur. Denn vergangene Erkenntnisse aus der Forschung können heute durchaus als überholt gelten. Die Literaturliste der Dozierenden stufe ich als vertrauenswürdig ein. Sie sind deshalb eine wichtige Stütze. Wenn ich diese Sekundärliteratur ausgeschöpft habe, suche ich nach peer-reviewten Texten, die so aktuell wie nur möglich sind. So erhalte ich einen Überblick über den aktuellen und relevanten Forschungsstand.
Damit will ich jedoch nicht von einer Meinungspluralität abraten, im Gegenteil: Es ist spannend und erwünscht, dass die dominanten Meinungen im Forschungsdiskurs kritisch beleuchtet und gegeneinander abgewogen werden. Dies setzt jedoch voraus, dass sie als solche erkannt werden.
Tipp Nr. 2: Nach dem Thema die Forschungsfrage
Ich befinde mich nun mitten im Lese- bzw. Rechercheprozess. Sobald ich in der Lage bin, mein Forschungsinteresse in einfachen Worten einer fachfremden Drittperson zu erklären, ist es an der Zeit, mich auf eine Forschungsfrage festzulegen. Während der Recherche bzw. dem Durchackern der relevanten Literatur notiere ich mir alle möglichen potentiellen Forschungsfragen.
Falls ich am Schluss keine überzeugende Forschungsfrage finde, nutze ich ChatGPT als Inspiration. Ich bitte das Tool, mir aus meinen Interessensgebieten eine Frage zu basteln. Meist helfen diese Vorschläge meiner Kreativität auf die Sprünge und ich kann mich der Struktur meiner Arbeit widmen.
Tipp Nr. 3: Eine gute Struktur ist die halbe Miete
Eine gut geplante Gliederung sichert mir den «roten Faden» durch meine Arbeit. Als Ausgangslage versetze ich mich in die Situation eines aufmerksamen Laien. Das ist mein «Start». Das «Ziel» ist die Antwort auf meine Forschungsfrage. Danach baue ich mir einen möglichst direkten Weg vom Start zum Ziel: Welche Hintergründe muss ich beleuchten, welche Theorien muss ich erklären, und welche Fragen muss ich beantworten, um Fachfremde verständlich über meine Forschung aufklären zu können? Die Metapher des Weges hilft mir, meine Zwischenpunkte logisch aufeinander aufzubauen, ohne mich in irrelevanten Details zu verlieren.
An dieser Stelle empfehle ich zudem den akademischen Weitblick der Betreuungsperson in Anspruch zu nehmen. Dank deren Expertise vermögen sie potentielle Schwachstellen in der Struktur der Arbeit zu erkennen und können helfen, diese zu überwinden. Ich habe drei Arbeiten in schweigender Ehrfurcht vor dem akademischen Wissen der betreuenden Professor*innen verfasst, ehe ich zu meiner grossen Überraschung feststellte, dass diese sehr gerne beratend zur Seite gestanden wären. An der Uni Luzern ist guter Rat zum Glück nicht teuer. Er kostet lediglich eine E-Mail und etwas Mut.
Tipp Nr. 4: Es wird in die Tasten gehauen
Sobald die Struktur steht, beginne ich zu schreiben. Ich bevorzuge es, eine Arbeit gemäss meiner Gliederung ab Kapitel 1 zu schreiben und parallel zu recherchieren. Durch die Recherche, die zu meiner Forschungsfrage geführt hat, habe ich einen groben Überblick über die relevanten Themen für meine Arbeit. Die Recherchen zu den einzelnen Kapiteln während des Schreibens ermöglichen mir dann eine gezielte Vertiefung der wichtigen Aspekte.
Und ein letzter Tipp zum Schluss: Schreibt eure Gliederung bzw. die Titel eurer Kapitel in das leere Dokument. Leere Kapitel sind bedeutend weniger furchteinflössend als das Ungestüm eines leeren Dokuments.
Voller Stolz kann ich nun verkünden, dass meine Bücher wieder unordentlich auf meinem Schreibtisch verteilt liegen, meine Tassen ohne System in meinem Schrank gestellt wurden und meine Kleider kunterbunt an ihren Bügeln tanzen. Dafür aber sind alle meine Arbeiten sauber verfasst und zeitgerecht eingereicht.
Dieser Artikel wurde von Chantal Hüsler, Bachelor-Studentin in Geschichte und Rechtswissenschaft verfasst.
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