Forschungseinblick: Foodwaste an Schweizer Organisationen

Während ihres zweiten und dritten Semesters im Bachelor-Studium half die Studentin Noemi Wolf an einer Untersuchung des Soziologischen Seminars mit. Dadurch konnte sie erste Einblicke in die Welt der Forschung gewinnen. Für einmal: learning by doing, statt reading!

Die Studentin Noemi Wolf forschte zum Thema Foodwaste.

Eine Anfrage zur Umfrage

Ein Aufruf zur Projekthilfe im Frühjahrssemester 2020 hatte mein Interesse geweckt. Dr. Nadine Arnold (Uni Luzern) und Dr. Fabien Foureault (Uni Lausanne) behandelten die Foodwaste-Landschaft von Schweizer Organisationen. Konkret interessierte die beiden Forschenden, "wie die Beziehungen zwischen den vielen Organisationen, […] die Bedeutung und Regulierungen bzgl. Food Waste mitbestimmen." Es sollten Daten erhoben werden, die zeigen, welche Organisationen sich wie der Thematik Foodwaste annehmen, in welchen Regionen diese aufzufinden sind und wie sich der Abfall zusammensetzt, mit dem sie sich auseinandersetzen.

Anfrage angenommen

Ich entschied mich dazu, an der Forschung teilzunehmen, denn diese Gelegenheit ergibt sich nicht jeden Tag. Hinzu kam, dass mich das Thema Foodwaste sehr interessierte. Man hört und liest ja viel darüber – sei dies in TV-Dokumentationen, Zeitungen oder über Kolleginnen, die über die App To Good To Go übrig gebliebenes Essen aus den Restaurants abholen und selber geniessen. Aber tiefgehend informiert habe ich mich dazu nie. Und wo würde das besser gehen, als direkt am Geschehen mit konkret erhobenen Zahlen und Daten?

Mit Penetranz zum Ziel!

Wer jetzt erwartet, dass ich komplexe Daten mit Statistikprogrammen ausgewertet habe, den muss ich leider enttäuschen. Meine Aufgabe bestand in der ersten Forschungsphase darin, Kontaktangaben von leitenden Personen verschiedener Organisationen ausfindig zu machen. Aus diesem Grund besitze ich nun ein ungepflegtes LinkedIn Profil – es erleichterte das Stalking aber ungemein.

Die Umfrage wurde schliesslich an ca. 96 Organisationen versandt. Als uns einige geflissentlich ignorierten oder die Umfrage «irgendwo» verloren ging, musste ich diesen Kontakten in der zweiten Phase telefonisch auf die Pelle rücken. Dies war für mich wohl die anspruchsvollste und auch unangenehmste Aufgabe. Ich bekam glücklicherweise nur einmal eine bissige Antwort, als ich eine Frau gerade in den Ferien erwischte und sie der Anruf ins Ausland zu viel Geld kostete.

Foodwaste in der Schweiz

Bald kamen die ausgefüllten Umfragen eingetrudelt und wir erfreuten uns an einer grossen Rücklaufquote von 92 Prozent – vielen Dank an dieser Stelle an alle, die teilgenommen haben! In einem letzten Schritt mussten wir einen deskriptiven Bericht mit den wichtigsten Daten verfassen. Hier konnte ich nun meine Wissenslücke bezüglich Foodwaste füllen!

Es zeigte sich, dass 24 von 60 Organisationen mehr als 100 Tonnen Lebensmittelabfälle verarbeiten oder verteilen. Diese Abfälle könnten mehr als 100 Personen ein ganzes Jahr lang ernähren. Die meisten Organisationen sind dabei in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei tätig und nur 6% aller Befragten im Sektor des Gastgewerbes. 44% der untersuchten Organisationen geben dabei an, dass sich ihre Arbeit auf die Verarbeitung von überschüssigen Früchten und Gemüse konzentriert.

Learning by doing!

Was dies alles zu bedeuten hat, wie sich die Zahlen sinnvoll in Beziehung setzen lassen und welche Schlüsse daraus gezogen werden können, wird zurzeit interpretativ ausgewertet. Für mich war es – gerade als Studienanfängerin – unglaublich spannend, miterleben zu können, wie Forschung tatsächlich durchgeführt wird und welch ein Aufwand dahintersteckt. Ich sah zum ersten Mal eine Verbindung zwischen Theorie und Empirie und konnte Kenntnisse über eine Thematik von grosser Wichtigkeit einmal nicht über Literatur, sondern über die Praxis gewinnen. Meine Wahl dieses Studiums hat sich dadurch definitiv bestätigt. Aber nicht nur das: Meine telefonischen Fähigkeiten haben sich auch verbessert und wenn mich künftig jemand wegen einer Umfrage anruft, werde ich diese Person nicht mehr einfach abblitzen lassen!
 

Wer sich für das Thema Foodwaste interessiert:
2021 wurde der Sammelband Wenn Foodwaste sichtbar wird. Zur Organisation und Bewertung von Lebensmittelabfällen. von Dr. Nadine Arnold in Zusammenarbeit mit Studierenden veröffentlich. Hier geht’s zur Newsmeldung "Studierende schreiben Food-Waste-Buch"

Im November 2020 ist der deskriptive Bericht "Die organisationale Food-Waste-Landschaft" erschienen.

Dieser Beitrag wurde von der Studentin Noemi Wolf verfasst. Sie studiert Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften im vierten Bachelor-Semester.