«Nach nunmehr drei Jahren ist Luzern rasch zu ‹meiner› Universität geworden.» Das sagt Christian Schirlo von der Fakultät für Gesundheitswissenschaften und Medizin – und geht in seinem Beitrag auf die Suche nach den Gründen dafür.
«Meine Uni»: Nach verschiedenen Überlegungen hierzu scheint mir, dass sich die wesentlichen Gründe bildhaft mit dem gewählten Titel zusammenfassen lassen. Doch was ist mit dem Begriff der Bindungsstelle gemeint? Schlägt man in digitalen Wörterbüchern oder wissenschaftlichen Übersichten nach, wird in aller Regel eine biomedizinische Definition aufgeführt: die Bindungsstelle als eine biologische Struktur, an die Atome oder Moleküle mit verschiedensten und mitunter sehr spezifischen Wirkungen andocken können. Diese biomedizinische Definition ist hier aber nicht gemeint, sondern – gleichsam im Hinblick auf die humanwissenschaftliche Ausrichtung der Universität Luzern – die Bedeutung von Bindungsstellen als physischer oder virtueller Ort für Austausch, Interaktion oder Diskurs. Und damit, nun wieder analog zur biomedizinischen Definition, zur Entfaltung von Wirkungen. Im Folgenden möchte ich dies an drei Dimensionen erläutern: Bindungsstellen zwischen Disziplinen, zwischen Angehörigen der Universität und zwischen der Universität und ihrer «Aussenwelt».
In unserer noch jungen Fakultät werden durch die verschiedenen Professuren und Forschungsgruppen mit ihren ganz unterschiedlichen humanwissenschaftlichen und medizinischen Fachgebieten vielfältige Bindungsstellen zwischen den Disziplinen ermöglicht – und damit die für die Gesundheitsversorgung und die Gesundheitssysteme der Zukunft notwendige Interdisziplinarität. Diese macht aber nicht an den Fakultätsgrenzen halt; sie geht weit darüber hinaus. Dies lässt sich beispielsweise an der Offenheit für die wechselseitige Zulassung von Studierenden der anderen Fakultäten in der Lehre bis hin zu gemeinsamen Forschungsprojekten zeigen. Oder auch an den verschiedenen Zentren mit einer interfakultären und interdisziplinären Ausrichtung wie dem Zentrum für Gesundheit, Politik und Ökonomie.
Sowohl für die Lehre als auch die Forschung bieten sich damit hervorragende Perspektiven – und ich bin persönlich überzeugt davon, dass Innovation gerade auch an diesen Bindungsstellen entsteht. Nebenbei bemerkt, hat mich die im Rahmen der Gesamtentwicklung der Universität sehr dynamische Evolution vom Seminar für Gesundheitswissenschaften und Gesundheitspolitik hin zur Fakultät für Gesundheitswissenschaften und Medizin innert weniger Jahre sehr beeindruckt.
Kurze Wege, offene Türen und der Geist eines gemeinsamen Engagements für die Weiterentwicklung der Universität erlebe ich hier in Luzern.
Neben den Disziplinen bestehen auch Bindungsstellen zwischen den Angehörigen unserer Universität. Einerseits sind dies die Forschenden und Lehrenden, andererseits die vielen Angehörigen des administrativ-technischen Personals sowie der verschiedenen Dienste. Kurze Wege, offene Türen und der Geist eines gemeinsamen Engagements für die Weiterentwicklung der Universität erlebe ich hier in Luzern im Team des Dekanats, in der Fakultät und der gesamten Universität. Hier könnten unzählige Beispiele genannt werden: von der persönlichen Begrüssung durch den Rektor beim Stellenantritt, der hilfreichen und pragmatischen Unterstützung bei allen Personalfragen bis hin zu kurzfristig organisierten Gesprächen oder Treffen für die Erarbeitung von finanziellen Kennzahlen oder für die Bearbeitung von Herausforderungen bei der Weiterentwicklung der internationalen Mobilität. Gerade in den Studiengängen in der Medizin, in den Gesundheitswissenschaften und in den Gesundheitsfachberufen erhält die interprofessionelle Bildung und Zusammenarbeit zunehmende Bedeutung. Dies im Kontext der Bindungsstellen zwischen Personen mit ihrer jeweiligen Profession. Man kann hier nur konstatieren, dass diese interprofessionelle Zusammenarbeit im oben skizzierten Sinne auch in der Universität gelebt wird.
Als Drittes existieren auch Bindungsstellen zwischen der Universität und ihrer «Aussenwelt». Das Luzerner Kantonsspital, das Schweizer Paraplegiker-Zentrum und die Schweizer Paraplegiker-Forschung, die Luzerner Psychiatrie, die Hirslanden Klinik St. Anna und weitere: Ohne unsere Partnerinstitutionen und eine intensive Verbindung mit diesen wären attraktive und zukunftsorientierte humanmedizinische oder gesundheitswissenschaftliche Studiengänge kaum möglich. Es sind zudem auch die vielen in der Grundversorgung engagierten Ärztinnen und Ärzte zu nennen. Und gerade hier – im Bereich der Hausarztmedizin und der sogenannten Community Care – wird die Bindungsstelle über das vor Kurzem gegründete Zentrum «Hausarztmedizin und Community Care» sichtbar. Der Austausch mit den Partnerinstitutionen ist zudem sehr relevant und lehrreich für unsere ständige curriculare Weiterentwicklung. Darüber hinaus sind neben den lokalen, kantonalen und zentralschweizerischen Bindungsstellen auch die internationalen Bindungsstellen relevant: einerseits bottom-up über Forschungsprojekte und weitere Kollaborationen, andererseits institutionell wie beispielsweise über das «Center for Rehabilitation in Global Health Systems» unserer Fakultät als offizielles «Collaborating Center» der Weltgesundheitsorganisation WHO.
Alle drei genannten Dimensionen zeigen auf, wie aus Schnittstellen kreative und interaktive Bindungsstellen entstehen können. Dies ist aus meiner Sicht von grosser Relevanz, und zwar neben Lehre, Forschung und akademischer Dienstleistung auch für eine übergeordnete Aufgabe unserer Fakultät und der Universität: das Wirken für den einzelnen Menschen sowie für die Gesellschaft.