Egal ob im Studium oder in anderen Lebensbereichen: Prokrastination, also «Aufschieberitis», lauert hinter jeder Ecke. Studentin Chantal Hüsler gibt drei Tipps, wie man den inneren Schweinehund am besten überwindet.

(Bild: @istock/beast01)

Ich bin ein disziplinierter Mensch. Mir wurde früh vermittelt, dass ich mit entsprechendem Aufwand alles erreichen kann, was ich will. Ein sehr schöner Gedanke, der mir viel Ambition und Freiheit geschenkt hat. Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass ich die volle Verantwortung für (noch) nicht erreichte Ziele trage. Es liegt in meiner Hand, ob ich scheitere oder nicht, ob ich genügend Aufwand betreibe oder nicht, ob ich prokrastiniere oder nicht.

Und anstatt mir einen Strick aus den eigenen Schwächen zu drehen und meinen Blick auf meine unerreichten Ziele zu legen, habe ich mich gefragt: In welchen Bereichen meines Lebens erreiche ich meine Ziele, weil ich nicht prokrastiniere? Für mich ist es der Sport: Ich bin in keinem anderen Lebensbereich derart motiviert, bleibe konstant dran und erziele kontinuierlich Fortschritte. Deshalb nehme ich das Setting meines Trainings genauer unter die Lupe: Was hindert mich hier daran, zu prokrastinieren, und wie kann ich dies auf das Studium und das Lernen übertragen?

1. Der Sprung ins kalte Wasser

Natürlich gibt es Tage, an denen ich keine Lust zum Trainieren habe. Doch diese Hemmschwelle überwinde ich leicht, indem ich mich zwinge, loszugehen. Ich packe die Gym-Sachen jeweils am Abend davor, somit muss ich nur noch meine Tasche schultern – und schon gehts los. Sobald ich die Türschwelle überschritten habe, gibt es kein Zurück mehr.

Diese Strategie lässt sich auch auf das Lernen übertragen. Ähnlich wie beim Training packe ich meine Lernsachen am Vorabend, schnappe mir morgens den Rucksack und mache mich auf den Weg zur Bibliothek. Der Ortswechsel hilft mir dabei, wach zu werden und den Tag fokussiert zu beginnen. Mit jedem Schritt auf dem Weg zur Bibliothek wird die Versuchung kleiner, zurück ins Bett zu flüchten und meinen Verpflichtungen nicht nachzukommen.

2. In kurzen Schritten zum Ziel

Sobald ich im Gym bin, weiss ich ganz genau, was ich zu tun habe. Mein Training ist klar strukturiert und dauert genau eine Stunde. Dabei motiviert mich nicht ein Ziel, das in der fernen Zukunft liegt, wie etwa eine bessere Herz-Kreislauf-Gesundheit im nächsten Jahr, ein grösserer Bizeps oder eine bessere Figur. Stattdessen geniesse ich es, meinen Körper zu bewegen, und ich konzentriere mich auf diese eine Stunde Training. Mein Ziel liegt direkt am Ende dieser Trainingseinheit.

Wie kann ich meine Diszipliniertheit beim Sport auf das Lernen im Studium übertragen?

Auf dieselbe Art und Weise stecke ich mir das Lernen ab. Bevor ich meinen Laptop öffne, lege ich fest, wie lange und was genau ich an diesem Tag lernen werde. Während des Lernens fokussiere ich mich auf diese Ziele und versuche mich selbst für die Lerninhalte zu begeistern. Sobald meine Lernzeit um ist, höre ich auf zu lernen – und das ganz ohne schlechtes Gewissen.

3. Das Handy

Sport ist Zeit, die ich mir widme. Das Handy, das mich konstant mit der Welt vernetzt, hat in diesem Setting keinen Platz. Dasselbe gilt beim Lernen: Ich lerne für mich und bleibe im Hier und Jetzt. Das Handy bietet mit seinem Zugang zu den sozialen Medien zu viele Versuchungen. Um der Verlockung der aufleuchtenden Benachrichtigungen zu entgehen, schalte ich mein Handy auf Flugmodus oder lasse es gleich ganz im Rucksack. So komme ich gar nicht erst auf die Idee, «nur ganz churz go luege, was suscht so lauft».

Ich wünsche allen tägliche Sprünge ins kalte Wasser, viele erreichte Meilensteinchen und fokussierte Zeit ohne Handy. Mit anderen Worten: Viel Erfolg im Jetzt!

Chantal Hüsler

Bachelorstudentin der Geschichte und der Rechtswissenschaft