Sarah Mantwill, Forschungsmanagerin «Swiss Learning Health System», in Luzern am Ufer des Vierwaldstättersees. (Bild: Roberto Conciatori)

Im Roman «Marianengraben» werden viele Themen abgearbeitet. Eine junge Studentin, die an Depressionen und an einem vor Kummer gebrochenen Herzen leidet (aufgezeichnet für die Ewigkeit durch einen Fitnesstracker), ein älterer Herr, der andere Menschen nicht sonderlich mag und bald sterben wird, sowie ein neurotischer Hund: All dies sind die Zutaten eines teils traurigen, aber vor allem wunderbaren und lustigen Roadtrips.

Jasmin Schreiber, die junge Autorin des Buches, leidet selbst an Depressionen und geht mit der Thematik relativ offen um. Ob deshalb ihre Sprache, wenn auch metaphorisch, dennoch so präzise ist, sei dahingestellt, aber man kommt nicht umhin, kurz den Atem anzuhalten, wenn man manche ihrer Zeilen liest. So beschreibt die Hauptfigur Paula bei einer Sitzung mit ihrem Therapeuten, dem sie zuvor ihre Lieblingsnudelsorten beschrieben hat, ihre Gefühlslage sich selbst gegenüber wie folgt: «[I]ch sass im Marianengraben mit einer kleinen Suppenkelle und sollte damit all das Wasser und den Schmerz aus mir herausholen […]. Ich sass elftausend Meter weit unten und der Druck war so hoch, dass von aussen sofort wieder alles in mich einströmte, sobald ich ein bisschen abschöpfte.»

Odyssee mit Urne im Gepäck

Überzeugt davon, dass ihr Therapeut sie dazu ermutigt, das Grab ihres verstorbenen Bruders nachts auf dem Friedhof aufzusuchen, trifft sie dabei Helmut. Helmut hat schon so manchen Menschen aus seinem Leben scheiden sehen und weiss, dass auch er bald gehen wird. Sein letzter Wunsch: mit der ausgegrabenen Urne seiner verstorbenen (Ex-)Frau in die Berge Südtirols fahren, und Paula soll ihn dabei begleiten. Und obwohl Tod und Trauer stetige Begleiter sind, wird die Reise nie wirklich traurig, vor allem dank der komischen und immer wieder absurden Begebenheiten, die das ungleiche Paar auf seiner Reise erlebt.

Die Idee zweier unterschiedlicher Charaktere, die sich gemeinsam auf die Reise machen, ist natürlich nichts Neues, dennoch gelingt es der Autorin, die Vielzahl an schwierigen Themen so geschickt zu beschreiben, dass man sich am Ende nicht tieftraurig, sondern eher aufgehoben fühlt. «Marianengraben» ist ein kurzweiliges und sympathisches Lesevergnügen, gerade in Zeiten wie diesen, in denen uns Themen wie soziale Isolation, psychische Gesundheit und schliesslich auch Fragen rund um das Thema Sterben begleiten.
 

Jasmin Schreiber
Marianengraben
Eichborn, Köln 2020
(dt. Erstausgabe)

Mehr Informationen zum Buch

Sarah Mantwill

Forschungsmanagerin «Swiss Learning Health System»
unilu.ch/sarah-mantwill