Lara Härri (25) studiert Rechtswissenschaft im «Master Plus – International Relations» und war für ein Semester in Singapur. Sie berichtet vom Leben in der «Bussen-Stadt» – Kulinarik und kulturelle Missverständnisse inklusive.

Lara Härri geniesst im Singapurer Stadtteil Chinatown einen «Bao Bun», einen beliebten Snack aus der chinesischen Küche.

Lara Härri, was hat Sie an der Gastgeber-Uni am meisten überrascht?
Lara Härri: Die Plätze für Jurastudierende an öffentlichen Universitäten wie der Singapore Management University (SMU) sind stark limitiert. Aufgrund grosser Konkurrenz sind die Studierenden entsprechend stolz, dort studieren zu dürfen. Die Selektion erfolgt an der SMU eher im Rahmen der Zulassung, während in Luzern im ersten Jahr Assessmentprüfungen zum Zug kommen.

Welche Lehrveranstaltung hinterliess einen bleibenden Eindruck?
«Governing for Sustainability» – der Kurs gefiel mir thematisch sehr gut, aber auch die positive Energie der Professorin war ansteckend. Ebenfalls gut in Erinnerung bleibt mir eine Exkursion in einen Naturpark: In Teams eingeteilt, ging es dort darum, mit Wissen über Flora und Fauna spielerisch Punkte zu sammeln. Wir konnten sogar Preise gewinnen, und die Dozentin hat für alle Essen mitgebracht. So wurden mir die Unterschiede zum Schweizer Bildungssystem vor Augen geführt: Zum einen trat das ungewöhnliche Engagement der Dozentin zutage, zum anderen war die Veranstaltung auch ein gutes Beispiel für die Anreiz- und Unterhaltungskultur, die Studierende der SMU gewohnt sind.

Was würden Sie am liebsten an die Universität Luzern importieren?
An der SMU ist es Studierenden erlaubt, während der Vorlesungen ganze Mahlzeiten zu essen – eine Freiheit, die ich in anderen akademischen Umgebungen selten erlebt habe. Ausserdem habe ich die Nahbarkeit der Dozierenden geschätzt. Die meisten Professorinnen und Professoren darf man duzen.

Waffeln für 2 Singapur-Dollar (rund 1.35 Franken) gibt es im Campus-eigenen Foodcourt.

Was schätzen Sie an der Universität Luzern nun mehr denn je?
Selbstständigkeit: Von der Schweiz her bin ich es gewohnt, selbst zu entscheiden, auf welche Art ich den Stoff erlerne. In Singapur hingegen gibt es Notenabzüge für verpasste Lektionen, das Mitmachen im Unterricht wird bewertet, und zum Lehrplan gehören zahlreiche Gruppenprojekte. Zudem freue ich mich auf die kürzeren Vorlesungen in der Schweiz. In Singapur sind die Lektionen jeweils etwas mehr als drei Stunden lang, was besonders am Abend eine Herausforderung darstellen kann.

Wo haben Sie Ihre erste Freundschaft geschlossen?
Tiefere Freundschaften aufzubauen warnicht ganz einfach, vielleicht auch wegen des Alters: Da ich Bachelorkurse besuchte, waren meine Kommilitoninnen und Kommilitonen meist erst rund 20 Jahre alt. Auf einem Ausflug zum Surfen in Lombok schloss ich eine Freundschaft mit einer Singapurerin, die vor zehn Jahren an der SMU studiert hatte. Mit ihr verbrachte ich auch das «Chinese New Year» in Singapur und durfte viel über die chinesische Kultur lernen. Chinesinnen und Chinesen bilden dort die grösste ethnische Gruppe.

«In Singapur sind die Lektionen jeweils etwas mehr als drei Stunden lang, was besonders am Abend eine Herausforderung darstellen kann..»
Lara Härri

Was erwies sich als einfacher als gedacht?
Singapur wird auch «the fine city» – also «die Bussen-Stadt» – genannt, da viele Verhaltensweisen, die in den meisten anderen Ländern als unproblematisch gelten, mit teilweise sehr hohen Bussen bestraft werden. Beispielsweise ist das Essen und Trinken in der Metro verboten und wird mit einer Busse von 1000 Singapur-Dollar bestraft, was etwa 617 Schweizer Franken entspricht. Unter anderem ist dort auch das Transportieren einer Durian – auch als Stinkfrucht bekannt – untersagt. Wie mein Beispiel zeigt, ist es aber durchaus im Bereich des Möglichen und einfacher als gedacht, das Land bussenfrei zu verlassen.

Welches war das grösste kulturelle Missverständnis?
Wenn man Singapurerinnen und Singapurern im Weg steht, machen sie mit einem «Hello?» auf sich aufmerksam. Es hat einen Moment gedauert, bis ich verstanden habe, dass dies nicht einfach eine höfliche Floskel ist.

«Wenn man will, kann man in Singapur, abgesehen von den hohen Mietpreisen, sehr günstig leben.»

Wie schmeckte das Essen in der Mensa?
Singapur ist bekannt für köstliches Essen aus aller Welt, welches insbesondere in den zahlreichen Foodcourts, sogenannten «Hawker Centres», günstig verkauft wird. Auch an der Uni gab es anstelle einer Mensa einen ganzen Foodcourt. Von malaiischen über thailändische bis hin zu westlichen Gerichten ist dort alles erhältlich. Mein persönlicher Lieblingsort war eine kleine Bäckerei namens «Triplets», die immer einen leckeren Duft auf dem ganzen Areal verbreitete und Waffeln für den unwiderstehlichen Preis von 2 Singapur-Dollars, etwa 1.35 Schweizer Franken, verkaufte.

Wie sind Sie finanziell zurechtgekommen?
Wenn man will, kann man hier, abgesehen von den hohen Mietpreisen, sehr günstig leben. Da es in der Nähe von Singapur so viele verlockende Reiseziele gibt, sind die Ausgaben dann doch eher höher ausgefallen als anfangs angenommen. Die schönen Eindrücke waren den Preis aber auf jeden Fall wert.

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