Simon Birrer (28) hat für ein Semester die Universität von Calgary in Kanada besucht. Dabei stellte der Bachelorstudent der Gesundheitswissenschaften fest, dass man sich überall wie zu Hause fühlen kann.
Simon Birrer, was hat Sie an der Gastgeber-Uni am meisten überrascht?
Simon Birrer: Die Grösse und Vielfalt war für mich, von einer überblickbaren Universität kommend, überwältigend. Mit über doppelt so vielen Fakultäten und mehr als zehnmal so vielen Studierenden herrschten an der University of Calgary andere Dimensionen.
Welche Lehrveranstaltung hinterliess einen bleibenden Eindruck?
Der Kurs «Leadership Foundations» hatte es in sich: Jeweils montags, mittwochs und freitags ging es pünktlich um 8 Uhr los, und man durfte damit rechnen, jedes Mal mündlich aktiv werden zu müssen – sei es in einer kleineren Gruppe oder vor der ganzen Klasse. Weiter fand ich den Kurs «Adapted Physical Activity», zu dem auch ein kurzes Praktikum gehörte, sehr faszinierend. In meinem Fall wurde eng mit Menschen mit Beeinträchtigungen zusammengearbeitet, um diese bei der Integration in den Arbeitsprozess zu begleiten.
Was schätzen Sie an der Universität Luzern nun umso mehr?
Die familiäre Atmosphäre und dass die Infrastruktur stets sauber und aufgeräumt ist. An der Uni Calgary sah die Bibliothek am Morgen meist noch ziemlich chaotisch aus, verursacht von den Nachteulen des Vorabends. Ebenfalls schätze ich die verlässliche Organisation – in Calgary hatte ich manchmal das Gefühl, dass in dieser Hinsicht nicht alles ganz reibungslos lief. So kamen etwa Dozierende manchmal zu spät, weil sie andere Infos bezüglich der Raumzuteilung bekommen hatten.
Wo haben Sie Ihre erste Freundschaft geschlossen?
Gleich beim Einzug auf dem Campus: Ich teilte das Apartment mit einem Doktoranden aus der Türkei und knüpfte gleich eine erste Freundschaft. Über die vielen Studierenden- Clubs liessen sich schnell weitere soziale Kontakte knüpfen.
Was erwies sich als komplizierter als gedacht?
Die Buchung der Kurse hat sich als grosse Herausforderung herausgestellt. So hatte ich bei meiner Ankunft auf dem Campus noch keine Ahnung, welche Veranstaltungen ich fixbesuchen konnte – viele waren bereits bei meiner Anmeldung ausgebucht. Mithilfe der Studienberatung/-koordination konnte aber eine optimale Lösung gefunden werden.
Was ist die wichtigste Erkenntnis, die Sie mit nach Hause genommen haben?
Egal, wo man ist, man kann sich überall «einnisten» und sich wie zu Hause fühlen, wenn man sich darauf einlässt. Offenheit und eine positive Grundhaltung sind das Schlüsselrezept.
Welches war das grösste kulturelle Missverständnis?
Davon gab es eigentlich keine. Da ich bereits im Gymnasium in den Genuss eines Austauschjahres in Kanada gekommen war, war ich bereits gut mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut. Kanadierinnen und Kanadier sind grundsätzlich sehr offen und fast schon «überfreundlich».
«Für Aktivitäten ausserhalb der Stadt stösst der ÖV in Calgary an seine Grenzen.»
Was haben Sie während Ihres Aufenthalts am meisten vermisst?
Den Schweizer ÖV – besonders, wenn man frierend an der Bushaltestelle steht und der Bus mal wieder einfach nicht kommt. Allgemein ist man in Calgary mit einem Auto definitiv besser unterwegs. Es gibt zwar ein akzeptables ÖV-System, doch sobald man Aktivitäten ausserhalb der Stadt plant, stösst man an dessen Grenzen.
Wie schmeckte das Essen in der Mensa?
Es gab zwar eine klassische Mensa, diese wurde aber weniger besucht. Unter den Studierenden ist es üblicher, sich beim «Food Court» zu treffen und zu verpflegen. Dort gibt es viele verschiedene Anbieter von mexikanischer, asiatischer bis hin zur klassischen amerikanischen Küche. Da ist für jeden Geschmack etwas dabei.
Haben Sie mehr oder weniger Geld ausgegeben als gedacht?
Die Ausgaben haben etwa meinen Erwartungen entsprochen. Ich habe vor meiner Abreise gespart und dann mit diesem Budget gewirtschaftet. Die Lebenshaltungskosten in Calgary sind aber nicht zu unterschätzen.
Welchen Tipp würden Sie künftigen Austauschstudierenden mit auf den Weg geben?
Bleibt flexibel und lasst euch auf den neuen Kontext – also Land, Leute und die neue Uni – ein und versucht, euch mitziehen zu lassen. Das macht es sehr einfach, sich schnell einzuleben neue Kontakte zu knüpfen, das neue Setting zu geniessen und die Erfahrungen «aufzusaugen».
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