Jonas Sandahl (25), Masterstudent der Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften, hat für ein Semester Luzern mit Modena getauscht. Die Möglichkeit, sich als Student einzubringen, gefällt ihm an der Heim-Uni besser – hierher importieren würde er im Gegenzug den italienischen Kaffee.
Jonas Sandahl, Sie waren an der Universität Modena und Reggio nell’Emilia (UNIMORE) – eine Uni, verteilt auf zwei Städte?
Jonas Sandahl: Ja, das ist richtig. Während in Modena hauptsächlich Jus oder Internationales Management gelehrt wird, gibt es in Reggio nell'Emilia eher Kurse zu Wirtschaft, Linguistik etc. Da die Vorlesungen des «Dipartimento di Comunicazione ed Economia», an dem ich eingeschrieben war, allesamt in Reggio nell'Emilia stattfanden und ich in Modena wohnte, musste ich halt jeweils pendeln.
Welche Lehrveranstaltung hinterliess einen bleibenden Eindruck?
«Organizzazzione delle imprese internazionali» (Organisation von internationalen Unternehmen) hat mir wichtige Inhaltspunkte vermittelt, da es eine Mischung aus organisationssoziologischen und wirtschaftlichen Inhalten war.
Wie kamen Sie mit der Sprache zurecht?
Am Gymnasium hatte ich Italienisch als Fach, und ich befürchtete, dass es nach acht Jahren sehr eingerostet wäre; aber meine eher grundlegenden Kenntnisse reichten am Anfang gut aus. Dank der Offenheit der Italienerinnen und Italiener konnte ich mich bereits nach einem Monat stark verbessern und – trotz gewissem Defizit im Vokabular – mehr oder weniger fliessend sprechen.
Und die Prüfungen, waren diese ebenfalls auf Italienisch?
Bei der genannten Vorlesung durfte ich die Prüfung auf Englisch schreiben; auch die Fragen waren in englischer Sprache. Bei einer anderen Lehrveranstaltung wurde die Prüfung auf Italienisch durchgeführt, ich durfte aber ein Wörterbuch mitnehmen und auch in englischer Sprache antworten.
Was hat Sie an der Gastuni am meisten erstaunt?
Vor allem die unterschiedliche Planung und Organisation, leider nicht im positiven Sinne. Immerhin gab es immer Ansprechpartner, wenn man Hilfe brauchte.
Wo haben Sie Ihre erste Freundschaft geschlossen?
Im Studentenheim, in dem ich die ersten drei Wochen wohnen konnte. Ich dachte, dass der Start schwierig würde, da ich rund zwei Wochen vor den meisten Erasmus-Studierenden ankam. Doch die Einheimischen waren von Anfang an sehr offen und haben mich bereits nach zwei Tagen bspw. zu Mittag- und Abendessen eingeladen. Die Geselligkeit der Menschen hat mich in der Tat überrascht.
Bei Einladungen empfanden es meine italienischen Kolleginnen und Kollegen als merkwürdig, dass ich beispielsweise nach dem Essen beim Abwasch helfen wollte.
Welches war das grösste kulturelle Missverständnis?
Als Missverständnis würde ich es nicht unbedingt bezeichnen, aber bei Einladungen empfanden es meine italienischen Kolleginnen und Kollegen als merkwürdig, dass ich beispielsweise nach dem Essen beim Abwasch helfen oder ihnen einen Kaffee spendieren wollte. Schliesslich waren es – nach ihrem Verständnis – ja sie, die mich eingeladen hatten.
Was schätzen Sie an der Universität Luzern nun mehr denn je?
Die im Vergleich zu meiner Gastuniversität nahezu perfekte Infrastruktur und Planung/Organisation, die Lage mit ihrer Nähe zum Bahnhof und die übersichtliche Grösse. Damit verbunden schätze ich auch sehr, dass man sich an der Uni Luzern in Seminaren sehr gut einbringen und somit selbst Input generieren kann, was mir an der Gastuni ein wenig gefehlt hat.
Was würden Sie am liebsten an die Uni Luzern importieren?
Da würde ich plump sagen: italienischen Kaffee!
Was ist ein wirklich originelles Mitbringsel?
Wirklich originell ist das nicht, aber in physischer Form heimgenommen habe ich den traditionellen, hochwertigen Aceto-Essig aus Modena, der nur in einem bestimmten Laden erhältlich ist. Viel wichtiger für mich sind so oder so all die gemachten Erfahrungen und Erinnerungen.
Was ist die wichtigste Erkenntnis aus Ihrem Austauschsemester?
Studieren im Ausland ist eine hervorragende Erfahrung, um in ein anderes akademisches System einzutauchen, eine andere Sprache zu lernen, internationale Kontakte zu knüpfen und generell als Mensch zu wachsen – dank schönen, aber auch schwierigen Momenten. Mein Auslandaufenthalt war definitiv bislang eines meiner besten und schönsten Erlebnisse.