Forschung
(1) Neutestamentliche Narratologie
- Narrative Historiographie
Die Exegese steht vor der Herausforderung, das theologische Zeugnis des Neuen Testaments zu beschreiben und in seinem Wahrheitsanspruch vor dem neuzeitlich geprägten Forum der Vernunft zu bestimmen. Dieses Ziel kann in einem doppelten Argumentationsrahmen erreicht werden. Einerseits muss der Dialog mit der historischen Vernunft geführt werden, andererseits müssen die spezifischen Möglichkeiten des Erzählens eruiert werden. Ziel der Forschungsarbeit ist es, mit exegetischen Mitteln aufzuzeigen, wie die theologischen Grundparadigmen der Verkündigung Jesu im Spiegel der kanonischen Evangelien eine erzählerische Entfaltung erfahren haben, und zugleich nachzuzeichnen, inwiefern die Jesus-Narrationen des Neuen Testaments als Geschichten zu begründen sind, die die Geschichte Jesu erinnern.
- Theologie der Oster-Erzählungen
Ziel der exegetischen Forschungsarbeit ist es, die Erfahrung, die nach Ausweis der neutestamentlichen Osterevangelien am Anfang des Osterglaubens steht, nicht nur historisch und theologisch einzuholen, sondern auch zu klären, was es bedeutet, dass sich diese österliche Erfahrung elementar in Erzählungen äußert. Modus und Gehalt des Ostergeschehens soll auf der Grundlage des biblischen Zeugnisses beschrieben und es in seinem Wirklichkeits- und Wahrheitsanspruch kategorial wie inhaltlich bestimmt werden. Der Analyse der narrativen Strukturen der Osterevangelien wird in diesem Zusammenhang besonderes Gewicht beigemessen.
(2) Paulinische Apostolatstheologie und Ekklesiologie
Die Forschungsarbeit widmet sich der paulinischen Apostolatstheologie. Sie ist sowohl von ökumenischer Bedeutung, weil sie nicht nur die Frage nach der Einmaligkeit, sondern auch der Erstmaligkeit des apostolischen Dienstes stellt und darüber hinaus einen Beitrag zur Beantwortung beider Fragen leisten möchte. Die Befassung mit der Apostolatstheologie des Paulus führt zugleich auf innerexegetische Forschungsfelder: etwa die Beschreibung ihres Stellenwertes im Themenkreis der Paulusbriefe, die Beziehung des Apostels zu Christus oder das besondere Verhältnis der jungen Kirche zum Judentum.
(3) Neutestamentliche Christologien
Jesus ist nicht im luftleeren Raum aufgetreten, sondern auf einem Terrain unterschiedlicher Messias-Erwartungen. Vor dem Hintergrund des frühjüdischen Pluralismus seiner Zeit hat er die Frage ausgelöst, wer er sei, was er sich herausnehme, für wen er stehe und worauf er hinauswolle. Aber es gibt keine einfache Antwort auf diese Fragen, weil Jesus kein vorgegebenes Schema erfüllt, sondern ein eigenes Original schafft. Die Fragen die er auslöst und stellt, werden von den neutestamentlichen Autoren ebenso aufgenommen und bedacht wie die Antworten, die er selbst gibt. So kommt es zu einer lebendigen theologischen Auseinandersetzung, die bis heute nicht abgebrochen ist. Ziel der Forschungsarbeit ist es, die breiten Argumentationslinien neutestamentlichen Nachdenkens über den Kyrios Jesus Christus analytisch nachzuzeichnen und in ihrem jeweiligen christologischen Stellenwert zu gewichten.
- Prof. Dr. Robert Vorholt
- Dr. Aleksandra Brand
- Dr. Hanns-Gregor Nissing
- Dipl. Theol. Carsten Mumbauer
- Melanie Carafa, M.A.
- Aline Koch, MTh
- Dr. Karin Reinmüller, MTh
- Melanie Carafa: "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" (Joh 15,5a) - Der Wandel der Weinstocksymbolik in biblischer und ausserbiblischer Literatur vom 2. Jt. v. Chr. bis zum Neuen Testament
Untersucht werden literarische Zeugnisse aus dem Alten Orient (Rangstreitgespräch zwischen Weinstock und Dattelpalme, Mythen), dem Alten Ägypten (die Vegetationsgottheit Osiris als "Herr des Weines") und der Heiligen Schrift (Altes und Neues Testament sowie ansatzweise die Apokryphen), in welchen die Weinstocksymbolik eine tragende Rolle spielt. Ziel der Forschung ist es, die unterschiedlichen Interpretationen der Weinstockmetapher in der Antike zu analysieren und, wenn möglich, zu beweisen, dass es sich hierbei um ein inhärentes Motiv handelt.
- Aline Koch: "Teufelskinder? Eine kritische Analyse des johanneischen Antisemitismus".
Die Arbeit will den antijudaistischen Vorwurf gegenüber dem Johannesevangelium mithilfe einer theologischen Argumentationslinie aufheben. Die Arbeitsthese lautet, dass das Johannesevangelium eine solche Weite an Theologie beherbergt, dass diese keinen Raum lässt für Antijudaismus.
Karin Reinmüller:" Die Johannes-Offenbarung als Trauma-Literatur"
Die Symptomatik traumatisierter Menschen wirkt sich in ihrer Sprache und ihrem literarischen Ausdruck aus, in "Trauma-Literatur" wird aus der Perspektive von Betroffenen versucht, sich mit zutiefst verstörenden Erlebnissen auseinanderzusetzen. Diese Arbeit versucht, die Johannes-Offenbarung als Text eines Trauma-Betroffenen Erzählers zu lesen.