Reformen klösterlicher Hierarchie- und Geschlechterordnungen

Ein vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) gefördertes Projekt untersucht den gesellschaftlich bedingten Strukturwandel in Klöstern auf gender- und kirchenhistorischer Ebene. Im Zentrum der Untersuchung stehen die Abtei Einsiedeln und das Frauenkloster Fahr (AG).

Konvent des Klosters Fahr. Die Schwestern tragen hier die vorkonziliarische Tracht. Diese wurde in der Folge des Zweiten Vatikanischen Konszils ab den 1970er-Jahren modernisiert und vereinfacht. (Bild: Archiv Kloster Einsiedeln)

Das Projekt unter der Leitung von Dr. Esther Vorburger-Bossart untersucht den unterschiedlichen kirchlichen Status von Frauen und Männern, den internen und externen Aufbau von Netzwerken und die schwindenden Mitgliederzahlen der Konvente. Dies vor dem Hintergrund des Untersuchungszeitraums von 1960–1980, der nicht nur von gesellschaftlichen Veränderungen, sondern mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1963–1965) auch von einem kirchengeschichtlich einschneidenden Ereignis gekennzeichnet ist. Zuvor durchgeführte Oral-History-Projekte (siehe Links unten) haben gezeigt, dass dem Konzil und seinen Folgen für die Darstellung der Kirchengeschichte nach 1950 auch aus subjektgeschichtlicher Sicht, also auf die Perspektive einzelner Personen bezogener Geschichte, eine entscheidende Rolle zukommt.

Konkret werden in dem Projekt die Veränderungen von Rechts- und Beziehungsstrukturen zwischen der Benediktinerabtei Einsiedeln und dem von ihr seit dem Mittelalter abhängigen Frauenkloster Fahr erforscht. Gerade aufgrund der historischen Abhängigkeitsverhältnisse lässt sich der Wandel der Beziehungen von Frauen- zu Männerklöstern anhand der beiden Konvente besonders gut erforschen. Im Fokus der Studie stehen kirchlich sowie gesellschaftlich anerkannte Persönlichkeiten, die als treibende Kräfte des Strukturwandels wirkten: die Einsiedler Äbte Benno Gut (1897–1970) und Raymund Tschudi (1914–2011), die Schriftstellerin Sr. Hedwig Walter (Silja Walter, 1919–2011) und die Priorin Sr. Elisabeth Galliker (1909–1996). Die beiden Äbte waren direkt an den Verhandlungen zum Vatikanischen Konzil in Rom beteiligt, was wertvolle Innensichten ermöglicht. Im Kloster Fahr befindet sich zudem der unbearbeitete Nachlass von Silja Walter, die sich in ihren Aufzeichnungen zum Konzil äusserte und sich ausserdem für eine grössere Unabhängigkeit ihres Klosters von der Abtei Einsiedeln einsetzte. Ein Teilprojekt mit Fokus auf Walters kirchenpolitisches Engagement (Newsmeldung vom 17. April 2024) wurde zunächst von Prof. Dr. Markus Ries geleitet. Seit seiner Emeritierung Ende Juli hat Esther Vorburger-Bossart die Leitung inne (Newsmeldung vom 26. August 2024).

Das nun geförderte Forschungsprojekt setzt eine Reihe von Studien zur Geschlechter- und Kirchengeschichte an der Professur für Kirchengeschichte unter der damaligen Leitung von Markus Ries fort, die ebenfalls vom SNF gefördert wurden. Diese beschäftigten sich mit Frauengemeinschaften der Ostschweiz im 20. Jahrhundert, Lebensgeschichten von Diakonissen und Ordensschwestern und mit Lebensgeschichten von Benediktinerinnen und Benediktinern.

  • Titel: Die Abtei Einsiedeln und das Benediktinerinnenpriorat Fahr 1960–1980. Reform von Hierarchie- und Geschlechterordnungen
  • Leitung: Dr. Esther Vorburger-Bossart, Forschungsmittarbeiterin Postdoc, an der Professur für Kirchengeschichte
  • Projektbeteiligte und Mitarbeitende: ein Doktorand oder eine Doktorandin,eine wiss. Mitarbeiterin oder ein wiss. Mitarbeiter, eine stud. Mitarbeiterin oder ein stud. Mitarbeiter (noch zu bestimmen)
  • Projektdauer: 42 Monate
  • Bewilligte Fördersumme: rund 254'000 Franken