«A Mother’s Love and Hate»

Forschungskolloquium Philosophie: Vortrag von Prof. Dr. Marina Martinez Mateo (München) zum Spannungsverhältnis von Fürsorge und Gewalt

Datum: 5. November 2024
Zeit: 18.15 Uhr bis 19.45 Uhr
Ort: Uni/PH-Gebäude, Raum 3.B48 (3. OG)

Der Idee von Care oder Fürsorge scheint heute ein transformatives, gar utopisches Potenzial zugeschrieben zu werden: Die Instituierung einer «Caring Economy» soll die Kälte des Marktes überwinden, die Entwicklung einer «Caring Democracy» dem Formalismus der repräsentativen Demokratie entgegen stehen; die Klimakatastrophe soll abgewehrt werden, indem wir einen fürsorglichen Umgang mit nichtmenschlichen Formen des Lebens erlernen, und die patriarchale Form der Familie soll durch freie und offene Verbindungen unbegrenzter Fürsorge ersetzt werden – um nur einige der Diskussionsstränge der letzten zwanzig Jahre zu nennen. Dabei aber, so soll im Vortrag gezeigt werden, wird Fürsorge oder Care schnell zum leeren Platzhalter für die Vorstellung von besseren Verhältnissen, der erstens nicht den Ambivalenzen und Komplexitäten von Fürsorgebeziehungen gerecht wird und dadurch zweitens zu einer Idealisierung einer Subjektivität der Fürsorge (der Figur der «Mutter») führt. Dem entgegen soll im Vortrag explorativ (in kritischer Auseinandersetzung mit Donald Winnicott, Jessica Benjamin, Adrienne Rich und Toni Morrison) dem inneren Zusammenhang von Fürsorge und Gewalt nachgegangen werden, um einen Begriff von Fürsorge zu entwickeln, der sein Potenzial aus der Arbeit an diesen Ambivalenzen gewinnt.

Marina Martinez Mateo ist Juniorprofessorin für Medien- und Technikphilosophie an der Akademie der Bildenden Künste in München. 2016 wurde sie am Institut für Philosophie der Goethe-Universität Frankfurt promoviert – ihre Dissertation ist 2018 unter dem Titel Politik der Repräsentation. Zwischen Formierung und Abbildung erschienen. Derzeit forscht sie zum Verhältnis von Philosophie und Rassismus und zum Verhältnis von Technologie und Ästhetik. Zudem arbeitet sie an einem Buchprojekt mit dem Titel Fürsorge und Reproduktion. Zu einer kritischen Theorie der Familie.

Flyer Forschungskolloquium Philosophie HS 2024

Im Forschungskolloquium präsentieren eingeladene Referent:innen philosophische Themen und stellen sie zur Diskussion. Die Veranstaltungen richten sich an Forschende, Studierende und an ein fachlich interessiertes Publikum.

Die Teilnahme ist kostenlos. Es ist keine Anmeldung erforderlich.