Spannende Einblicke in die Welt der MedTech und der Energieversorgung

Am 3. Juni 2022 fand die Abschlussveranstaltung der dritten Law Clinic Wirtschaftsrecht statt. Die Studierenden präsentierten die Rechtsgutachten, die sie im Verlauf des Frühlingssemesters erstellt hatten. Auftraggeber waren die energie wasser luzern (ewl) und Professor Roger Abächerli, Dozent am Institut für Medizintechnik der hslu und Berater verschiedener Unternehmen in der MedTech-Branche.

Besichtigung der Luzerner See-Energie-Zentrale

Zu Beginn der Abschlussveranstaltung hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Law Clinic Wirtschaftsrecht die Gelegenheit, die See-Energie-Zentrale der ewl am Inseliquai zu besichtigen. Die ewl versorgt rund 3'700 Haushalte in der Stadt Luzern mit erneuerbarer See-Energie. Christian Hofmann, Bereichsleiter Wärme- und Wassernetze und Geschäftsleitungsmitglied der ewl, gab den Anwesenden einen Einblick in die komplexen Prozesse der See-Energiegewinnung. Dabei befördern Pumpen Seewasser aus einer Tiefe von 30 Metern über eine fast zwei Kilometer lange Leitung zur See-Energie-Zentrale. Dort wird mithilfe von Wärmepumpen mit zweistufigen Kompressoren Energie aus dem Seewasser gewonnen. Im Anschluss an die interessante Besichtigung der See-Energie Zentrale und einer kurzen Kaffeepause präsentierten die Studierenden die Rechtsgutachten, die sie im Verlauf des Frühjahrssemesters 2022 verfasst hatten. Für die Präsentation standen ihnen 30 Minuten zur Verfügung; anschliessend mussten sie sich den kritischen Fragen der Anwesenden zum Inhalt ihrer Gutachten stellen.

 

Rechtliche Hürden der Dekarbonisierungsstrategie

Den Anfang machte das «Team ewl», das sich während des Semesters mit verschiedenen Rechtsfragen rund um die Nutzung und den Betrieb von Gasleitungen auseinandergesetzt hatte. Im Rahmen der Dekarbonisierungsstrategie sieht die Stadt Luzern als Eignerin der ewl einen teilweisen Ausstieg aus dem Erdgasmarkt vor. Die ewl wollte vor diesem Hintergrund abklären lassen, welche Rechtsfolgen eine Einstellung der Gaslieferungen tätigen würde. Im Gutachten setzen sich die beiden Masterstudentinnen der Rechtsfakultät mit den gesetzlichen und vertraglichen Pflichten der ewl gegenüber den Endkundinnen und Endkunden sowie gegenüber den Gemeinden, auf deren Gebiet sie die privaten Haushalte mit Gas beliefert, auseinander. Ferner mussten sie im Gutachten näher auf die Pflichten der Gemeinden gegenüber den Endkundinnen und Endkunden aus Gesetz und aus Vertrauensschutz eingehen. Die Studentinnen gelangten zum Ergebnis, dass die ewl grundsätzlich keine gesetzlichen und vertraglichen Pflichten an einer teilweisen Einstellung der Gaslieferungen hindern würden. Sie rieten der ewl jedoch zu einer transparenten Kommunikation gegenüber den Endkundinnen und Endkunden sowie beteiligten Gemeinden, da Haftungsrisiken dadurch weitgehend ausgeschlossen werden können.

 

Künstliche Intelligenz als Herausforderung der EU-MedTech-Regulierung

Das «Team AI», dem drei Masterstudierende angehörten, präsentierte danach ihr Gutachten zur Frage, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen eine auf künstlicher Intelligenz basierende Software unter der europäischen Medical Device Regulation (MDR) in Verkehr gebracht werden kann. Konkret ging es um ein EKG-Gerät, das aufgrund von gesammelten Patientendaten selbständig und unter Verwendung von künstlicher Intelligenz Herzfunktionsstörungen diagnostizieren kann. Es liesse sich in Zukunft für die Früherkennung von Krankheiten einsetzen, da der Beizug eines Kardiologen zur Auswertung der EKG-Daten nicht mehr notwendig wäre. Die Inverkehrbringung von Medizinprodukten, die auf künstlicher Intelligenz basierende Software verwenden, stellt rechtliches Neuland dar. Die MDR enthält keine spezifischen Vorschriften dafür und der sogenannte AI-Act der EU, der den Einsatz von künstlicher Intelligenz regelt, befindet sich erst im Entwurfsstadium. Die drei Masterstudierenden mussten deshalb für ihre Abklärungen auf Guidelines und Stellungnahmen von Expertenstellen ausweichen. Sie gelangten zum Ergebnis, dass das EKG-Gerät als Medizinprodukt der Kategorie IIa in Verkehr gesetzt werden darf. Sie legten dem Auftraggeber eine detaillierte Empfehlung vor, wie bei der Inverkehrbringung vorzugehen ist, und formulierten zwei mögliche Zweckbestimmungen für das Medizinprodukt.

 

Gemütlicher Abschluss der Law Clinic im Tessiner Grotto

Nachdem die Studierenden im Anschluss an die Präsentationen ihren Auftraggebern eine ausgedruckte Version der Gutachten übergeben hatten, ging es zum gemütlichen Teil des Abends über. Im kleinen Kreis unterhielten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Law Clinic Wirtschaftsrecht beim Apero in der Suite Lounge über die gemachten Erfahrungen und liessen beim gemeinsamen Nachtessen die interessanten letzten Wochen nochmals Revue passieren. Das pittoreske Grotto des Restaurants Bellini Locanda Ticinese bei Kerzenschein bildete einen würdigen Rahmen. Die Law Clinic Wirtschaftsrecht zeigte den Studierenden neue Facetten der Juristentätigkeit auf und gab ihnen einen ersten Einblick in die spätere Beratungstätigkeit. Wie mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Gespräch bestätigten, war die Law Clinic Wirtschaftsrecht eine sehr spannende und lehrreiche Erfahrung.