Öffentlicher Vortrag: Diversität als Potential, Ressourcen muslimischer Jugendlicher an Schweizer Schulen
Öffentlicher Abend-Vortrag von Zeinab Ahmadi (Universität Freiburg) zu strukturellen Bildungshindernissen und Chancen für bessere Bildungserfolge im Rahmen der Tagung «Structuring Diversity – Structuring Religion.»
Datum: | 30. März 2023 |
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Zeit: | 18.00 Uhr bis 19.45 Uhr |
Ort: | Luzern, Universität, Frohburgstrasse 3, Hörsaal 7 |
Diskussionen um Kopftücher im Schulzimmer, Weihnachstferien und Sporttag im Ramadan: Welche Effekte hat religiöse Zugehörigkeit im Schulalltag? Für muslimische Jugendliche wird sie oft als Problem dargestellt und ist mit Diskriminierungserfahrungen in allen Nuancen verbunden.
Zeinab Ahmadi von der Universität Freiburg lädt zu einem Perspektivenwechsel ein: Welche Chancen bietet religiöse Zugehörigkeit? Sie untersucht deshalb nicht nur, wie strukturelle Bildungshindernisse muslimische Jugendliche prägen, sondern beleuchtet Ressourcen für bessere Bildungserfolge.
Statementpaper zum Abend-Vortrag als PDF
Tagungswebsite: www.unilu.ch/diversityreligionconference
Diversität als ‘deren’ Problem
In den Diskursen rund um muslimische Jugendliche an Schweizer Schulen begegnen wir häufig einem problematisierenden Tenor. So genannte «Integrationsprobleme» werden ausschliesslich als Problem der «Anderen» konstruiert oder als «Wertekonflikte» stilisiert.
Für eine konstruktive Diskussionskultur innerhalb der Schule und auch innerhalb der Gesellschaft ist es wichtig, diesen kulturalistischen Ansatz neu zu überdenken. Dazu gehört mitunter auch einen Blick auf die marginalisierenden Strukturen innerhalb der Bildungsinstitutionen zu richten. Denn Schulen stellen wichtige Aushandlungsorte für Rollenfindungsprozesse und Identitätskonstruktionen von jungen Muslim:innen dar. Diskriminierungserfahrungen innerhalb dieser Institutionen wirken sich auf diese Prozesse aus.
Migrationsvorsprung bei der Sinnsuche
Häufig wird ausser Acht gelassen, dass religiöse Verwurzelung, ganz unabhängig von der Zugehörigkeit, eine Ressource für die Selbstentwicklung der Jugendlichen sein kann. So gehört die verstärkte Empfänglichkeit für religiöse Fragen und die sinnhafte Einbettung existentieller Erfahrungen zur Adoleszenzphase dazu. Erarbeitete Sinn- und Deutungsmuster können eine Orientierung für das Handeln darstellen und zur Legitimation von Entscheidungen herangezogen werden.
Muslimische Jugendliche und junge Erwachsene werden in pluralen Gesellschaften sozialisiert. Die aktive Auseinandersetzung mit gelebter Religiosität innerhalb von Diasporagemeinden ist Teil einer sehr kreativen Jugendkultur, die globale Anschlüsse schafft. Sie eignen sich daher bereits früh wertvolle Kompetenzen an, um sich mit ihren verschiedenen Teilidentitäten darin zu verorten. Die Ressourcen, welche dieser Migrationsvorsprung mit sich bringt, gilt es weiter zu fördern.
Partizipation und diskriminierungssensible Pädagogik
Wie kann dieser Perspektivenwechsel gelingen? Ein zentrales Anliegen ist, dass nicht nur über, sondern mit Gläubigen gesprochen wird. Das gilt auch für die Forschung. Indem von Beginn an Stimmen aus der Praxis einbezogen werden, können partizipative Ansätze auch in der Forschung umgesetzt werden. Diesen Ansatz verfolgt das von der Mercator Stiftung geförderte Projekt l «Islamisch-Theologische Studien: Diversität und Orientierung» am Schweizerischen Zentrum für Islam und Gesellschaft in Freiburg. Zeinab Ahmadi forscht im Praxisfeld Bildung des Projektes, wo muslimische Jugendliche im Fokus stehen. Ziel ist es, der defizitorientierten Ansprache mit dem muslimischen Jugendlichen oftmals pauschal konfrontiert sind, einen ressourcenorientierten Ansatz entgegen zu setzen. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt
Zur Referentin
Zeinab Ahmadi forscht an der Universität Freiburg und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Kanton Bern im Amt für Integration und Soziales Sie ist Mitglied diverser Fachkommissionen und befasst sich beruflich und persönlich seit Langem mit Migrationsfragen. Zuvor war sie lange als Bildungsverantwortliche und stellvertretende Geschäftsleiterin im Haus der Religionen – Dialog der Kulturen in Bern.