Iftar mit Mreža Mladih
Reportage von Berat Pulaj
Als Muslima oder Muslim in der Schweiz begegnet einem häufig Skepsis – islamkritische Diskurse haben zeitweise heftige Kontroversen aufgeworfen, die sich an einem homogenen Stereotyp abarbeiten. Doch es mutet wenig rational an, 400’000 Muslime in der Schweiz für eine – nach welchen Kriterien auch immer – homogene Gruppe zu halten.
Wie der Islamwissenschaftler Dr. Andreas Tunger-Zanetti treffend zu mir meinte, gestaltet sich die inner-islamische Diversität heute gar noch vielschichtiger und komplexer als früher: Unterschieden werden nicht mehr nur die ethnische Komponente, sondern auch die theologischen Traditionen, die je nach Moschee oder Gemeinde differieren können oder auch die jeweils angesprochenen Altersgruppen.
Eine erquickliche Erfahrung
Während meiner Suche nach einer geeigneten Organisation, um diese Vielfalt festhalten zu können, erhielt ich einen Anruf von einem jungen Bosnier, der mich spontan zum Iftar mit seiner schweizweit vernetzten Jugendorganisation in der bosnischen Moschee in Emmenbrücke einlud.
Was mich erwartete, war ein beseelter Abend mit spiritueller Behaglichkeit und zugleich adoleszenter Vitalität. In einem religiösen Kulturverein, in dem man ansonsten ernste Predigten bedächtiger älterer Herren vorzufinden erwartet, wurde einem internationalen Netzwerk von Jugendlichen Raum zur geselligen Zusammenkunft geboten.
Nur ein Bruchstück
Trotz der zahlreichen Eindrücke, die ich an diesem Abend gewinnen durfte, soll das nur ein kleiner Ausschnitt des Vereinsleben gewesen sein. Der Online-Auftritt des Netzwerks bestätigt das deutlich: Von Grillfesten, Velotouren, Bergwanderungen, Campingausflügen, Städtetrips, bis hin zu Paintball- und Go-Kart-Wettkämpfen ist alles dabei.
Kein reiner Freizeitverein
Trotz vorhandener Diversität handelt es sich noch immer um eine bosnische Vereinigung, die sich der Erhaltung der nationalen Identität verschrieben hat. So wurde mir während des Iftars auch zugetragen, dass die Organisation auch eine partnervermittelnde Funktion erfüllt. Kundgebungen politischer Art können ebenfalls Gegenstand der Vereinsaktivität sein.
Ein Schweizer Islam?
Während des Abends war mir nicht fortwährend präsent, Gast eines bosnischen Kulturvereins zu sein – zu ähnlich die Identitäten in der Schweiz aufgewachsener junger Muslimas und Muslime, die hier studieren, arbeiten und leben. Dennoch sieht Mreža Mladih die bosnische Fahne im Džemat nicht als reines Relikt der Einwanderergeneration – auch wenn der Lebensmittelpunkt in der Schweiz für sie unzweifelhaft ist.
Zum Autor
Berat Pulaj, geboren 1991 in Luzern, ist gelernter Kaufmann und studiert Kultur- mit Politikwissenschaften im Major an der Universität Luzern. 2017 hat er, ebenfalls bei der Dozentin Anne Beutter, im Rahmen des Seminars «Sound of Religion» Audioguides zur Luzerner Religionslandschaft beigetragen.