Dissertation von Dr. Ibrahim Ankaoglu: «Jenseits des Staates? Anarchie und Subsistenzwirtschaft bei den Tau't Batu im Hochland von Palawan (Philippinen)»
In seiner vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Dissertation erforscht Dr. Ibrahim Ankaoglu die komplexen wirtschaftlichen Überlebensstrategien der Tau't Batu. Er verknüpft in seiner Forschung geschickt historische, geopolitische und sozioökologische Aspekte, wodurch er einen interdisziplinären Rahmen schafft, der es ermöglicht, die einzigartigen Lebensbedingungen und Anpassungsstrategien der Tau't Batu umfassend zu verstehen.
«Jenseits des Staates?»
In seiner unter der Betreuung von Prof. Dr. Bettina Beer und Prof. Dr. Thomas Widlok entstandenen Dissertation widmet sich Ibrahim Ankaoglu eingehend der Subsistenzwirtschaft der Tau't Batu. Diese basiert auf einer mobilen Form des Brandrodungsfeldbaus, ergänzt durch Jagen und Sammeln. Während seiner Feldforschungen im Singnapan-Tal erkannte Ankaoglu, dass das Tal nicht zufällig, sondern als bewusste Wahl der Tau't Batu als Lebensraum dient. Die dortige Gemeinschaft pflegt eine Lebensweise, die sich in vielerlei Hinsicht von der staatlich integrierten, administrativen Kultur der Tiefebenen abhebt und in einer gewissen Opposition zu dieser steht.
Ankaoglu führt in seiner Arbeit aus, warum Hochlandgemeinschaften wie die Tau't Batu sich nach wie vor im Hochland aufhalten und welche Bedeutung ihre wirtschaftlichen Überlebensstrategien, ihr egalitärer Ethos und ihre autonome Lebensführung dabei haben. Er setzt sich kritisch mit den Hauptvertretern der Anarchie-Debatte auseinander, darunter Pierre Clastres, Harold Barclay und James C. Scott, die sich mit egalitären Gesellschaften an der «Peripherie» staatlicher Strukturen auseinandergesetzt haben. In Anlehnung mit Charles J.-H. Macdonald, Thomas Gibson und weiteren Ethnologen widerlegt Ankaoglu die Annahme, dass Hochlandgesellschaften in Südostasien ausschliesslich als «Rückzugsgemeinschaften» vor staatlicher Integration zu betrachten sind, die sich über Jahrhunderte in isolierte Regionen zurückgezogen haben. Er argumentiert, dass eine solche Sichtweise, die primär die Entstehung staatlicher Herrschaft im frühen Südostasien und ihre Auswirkungen in den Fokus rückt, nicht ausreicht, um das anhaltende Verweilen dieser Gemeinschaften in ihren heutigen Gebieten zu erklären. Ankaoglu kommt zu dem Schluss, dass soziokulturelle Faktoren, dominierende egalitäre Werte und die charakteristische Subsistenzwirtschaft wesentliche Elemente einer Theorie des Rückzugs sind, die es erleichtern zu begreifen, warum Hochlandbewohner wie die Tau't Batu sich bewusst entschliessen, staatliche Benachteiligungen zu akzeptieren und in der Abgeschiedenheit ihres Hochlandes zu verbleiben.
Zur Untermauerung seiner These führte Ankaoglu zwischen 2010 und 2014 umfangreiche Feldforschungen über insgesamt 20 Monate durch. Ergänzend unternahm er zahlreiche Forschungsreisen in marginale Hochlandregionen des insularen Südostasiens, einschliesslich der Visaya-Inseln, Borneo, Sulawesi, den Nusa Tenggara-Inseln sowie in Zentral- und Ostindonesien und in Süd-China. Diese Reisen ermöglichten es ihm, einen vergleichenden Ansatz zu verfolgen und ein vertieftes Verständnis für das Themengebiet seiner Forschung zu entwickeln.