Brustkrebs: Unnötige Entfernung der Lymphknoten vermeiden

Eine Forschungsgruppe mit Beteiligung der Universität Luzern hat einen praxisnahen Wegweiser zum operativen Management der Lymphknoten bei Brustkrebs im Frühstadium veröffentlicht. Durch die Empfehlungen sollen unnötige Entfernungen von Lymphknoten vermieden und den Betroffenen dadurch chronische Lymphödeme erspart werden.

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Der interdisziplinären Gruppe bestehend aus Forschenden der Universität Luzern, des Universitätsklinikums Heidelberg sowie weiterer Universitäten und europäischer Krebsgesellschaften, gelang es anlässlich einer Konferenz im September 2022 in Luzern, Einigkeit in einer bisher kontroversen Debatte herzustellen. Darauf basierend wurde ein praxisnaher Wegweiser unter dem Namen «Lucerne Toolbox 2» entwickelt, der aus fünf Arbeitspaketen für das Management von Lymphknoten bei Brustkrebs im Frühstadium besteht. Diese folgen dem Weg der Patientin von der Diagnose bis zur lokalen Therapie der Achselhöhle und befassen sich mit spezifischen klinischen Szenarien. Die Empfehlungen wurden am 14. Juli 2023 im Open Access Journal «eClinicalMedicine» der medizinischen Fachzeitschrift «The Lancet» veröffentlicht. Das Projekt wurde von der Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern gefördert. Bereits 2021 wurde die erste Ausgabe der Luzerner Toolbox veröffentlicht, die sich mit der Fragestellung der Brustamputation beschäftigt.

Präoperative Chemotherapie kann bei Brustkrebs nicht nur die Grösse des Tumors, sondern auch Metastasen in Lymphknoten bis zur Operation deutlich schrumpfen lassen. Die Brustchirurgie hat dadurch die Möglichkeit, die komplette Entfernung der Lymphknoten in der Achselhöhle zu vermeiden und das Risiko für belastende Nebenwirkungen wie ein Lymphödem (Schwellungen) des Armes zu reduzieren. Dr. Peter Dubsky, Leiter des Brustzentrums an der Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern und Titularprofessor für medizinische Wissenschaften an der Universität Luzern, sagt dazu: «Die Vorteile der präoperativen Chemotherapie bei Brustkrebs werden nicht immer ausreichend genutzt. Publizierte Daten beschreiben, dass Brustamputationen und eine komplette Lymphknotenentfernung noch zu häufig durchgeführt werden. Eine reduzierte chirurgische Entfernung der Lymphknoten wird selbst bei guten präoperativen Ergebnissen nur teilweise umgesetzt», so der Leiter des Forschungskonsortiums.

Dr. André Pfob vom Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD) ergänzt dazu: «Wer weniger Lymphknoten in der Achsel entfernt, vermindert die Gefahr, dem Lymphabfluss aus dem Arm zu schaden. Die internationale Arbeitsgruppe hat daher in Ergänzung zu vorhandenen Leitlinien ein neues medizinisches Konzept mit praxisnahen Empfehlungen erstellt, das unnötige operative Entfernungen der Lymphknoten verhindern soll und schnell in die klinische Anwendung integriert werden kann.» Laut Einschätzung der Forschungsgruppe soll ein bildgebendes Verfahren (bspw. Röntgen-Untersuchung) und eine standardisierte Diagnostik der Lymphknoten Voraussetzung für die Planung der lokalen und systemischen Therapie bei den Brustkrebspatientinnen sein. Die Entfernung aller Lymphknoten der Achsel könnte in der Mehrzahl der im Konsortium besprochenen Szenarien durch eine gezielte Entfernung weniger Lymphknoten, beispielsweise der Wächterlymphknoten, ersetzt werden. Das Ergebnis der Lymphknoten-Operation hat komplexe Auswirkungen auf die nachfolgende Bestrahlung sowie Chemo- oder Hormontherapie. Diese sollte an die jeweilige Patientin angepasst werden.

Publikation

O. Kaidar-Person, A. Pfob et al.
The Lucerne Toolbox 2 to optimise axillary management for early breast cancer: A Multidisciplinary Expert Consensus.
eClinicalMedicine, 2023. Open-Access-Abruf des Artikels

Weitere Informationen

Dubsky et al.
Breast conservation and axillary management after primary systemic therapy in patients with early-stage breast cancer: the Lucerne toolbox.
Lancet Oncology, 2021. Open-Access-Abruf des Artikels

Brustzentrum an der Hirslanden Klinik St. Anna in Luzern
Brustzentrum der Frauenklinik am Universitätsklinikum Heidelberg