Wir bauen gemeinsam eine Hütte
Hoffnung entsteht im Tun - die interaktive Hauptvorlesung „Hütten und Paläste“
Bericht von Constanze Kobell - Fernstudentin aus München
„Wir bauen gemeinsam eine Hütte“, stand in der Beschreibung der Hauptvorlesung „Hütten und Paläste“ von Prof. Christian Preidel.
Das kam für mich genau recht, da ich zurzeit als Behindertenbeauftrage beim Neubau eines Gemeindehauses mitplane und mehr über die Verbindung von Architektur und Theologie lernen wollte.
Aber ich hatte in unserer theologischen Fakultät bis dato weder Werkbank noch Kreissäge entdeckt.
Ich befürchtete schon, dass nur der metaphorische Bau einer Hütte geplant war.
Doch bei dieser Blockverstaltung wurde nicht die Universität zur Werkstatt, sondern die Werkstatt zur Universität:
Die Vorlesung fand im tueftelwerk.ch statt.
Das Tüftelwerk ist eine öffentliche Werkstatt, in der jede und jeder unter fachkundiger Anleitung etwas flicken oder bauen kann. Sogar eine Hütte.
Als ich mich am ersten Tag von München aus via Zoom ins Tüftelwerk zuschaltete, waren schon ungefähr zehn Studierende vor Ort um die Werkbänke versammelt. Etliche Fernstudierende kamen als kleine Bildquadrate in Zoom dazu.
Christian hatte die Werkstatt offensichtlich hervorragend verkabelt, denn wir Fernstudierende sahen und hörten nicht nur ihn, sondern auch die Präsenzstudierenden einwandfrei.
Nachdem wir eine kurze Einführung in das Tüftelwerk erhalten hatten, erlebte ich eine sehr schöne Vorstellungsrunde, die wunderbar mit Präsenz-und Fernstudierenden gleichzeitig funktionierte.
Wir sollten skizzieren, wie wir wohnen. Danach hielten wir unsere Skizzen in die Kamera und erläuterten sie. So erfuhren wir sehr viel mehr voneinander als nur den Namen und die Herkunft.
Dann dachten wir gemeinsam über das Bauen nach, beispielsweise über Petrus‘ Wunsch
für den verklärten Jesus eine Hütte zu bauen.
Verklärt kann man als „glücklich und voller Ideen“ übersetzen.
In welchen Gebäuden fühlen sich verklärte Menschen wohl?
Und wie können wir durch temporäre Bauwerke, sogenannte Rauminterventionen, die Umgebung positiv verändern?
Schnell war klar, dass wir eine Raumintervention bauen würden, genauer gesagt das berühmte „1 SQM-House“ des Architekten Van Bo le Mentzel: Ein transportables Hüsli, das einen Quadratmeter groß ist und sowohl stehend als auch liegend nutzbar ist. Es kann die Umwelt verändern, in die es gestellt wird, und es kann die Menschen verändern, die darin sind.
Christian zeigte uns den Originalbeitrag des Architekten:
Doch bevor es ans Bauen ging, beschäftigten wir uns mit folgenden Pflichtinhalten der Pastoraltheologie: Seelsorge, Diakonie, Mission, Koinonia und Pastoral d’engendrement.
Zu jeden Punkt diskutierten wir, und Christian sprach live einen Audio-Podcast zum Nachhören ein.
Christians Podcasts erinnern mich immer an Brühwürfel. Sie sind hochkonzentrierter Inhalt, die man in einer angemessener Menge Zeit auflösen muss, um sie ganz zu erfassen. Mein Tipp: Hört sie vor der Prüfung ein paar Mal an und nehmt Euch Zeit, über das Gehörte nachzudenken. Erst dann entfalten diese Wissens-Brühwürfel ihre volle Wirkung.
Am zweiten Tag des Blockveranstaltung bauten die Präsenzstudierenden mit Christian und einem Mitarbeiter des Tüftelwerks das 1SQM House nach dem Bauplan von le Mentzel.
Während dessen entwickelten wir Fernstudierende offline Entwürfe, wie wir dieses Hüsli in der Pastoraltheologie einsetzen würden.
Am Ende des Tages schalteten wir uns wieder ins Tüftelwerk zu und präsentierten unsere Ideen. Das Hüsli könnte beispielsweise eine Praystation in der Jugendarbeit sein. Oder ein Informationskiosk über Menschenrechte.
Diese Ideen konnten nun Realität werden, denn die Präsenzstudierenden hatten tatsächlich innerhalb eines Tages das Haus fertig gestellt.
Seitdem kann das Hüsli bei Christian ausgeliehen werden.
Ich kann das Hüsli leider nicht nach München transportieren. Deshalb habe ich es vor einiger Zeit in Luzern besucht. Nun konnte ich es ganz "begreifen".