Von der Notwendigkeit des Alten Testaments
Nicht erst seit der jüngsten Kontroverse um die Bedeutung des Alten Testaments für das Christentum wird diese Frage immer wieder diskutiert. Nun widmet sich ihr ein interdiszipläneres Hauptseminar des IJCF sowie der Professuren für Exegeses des Alten und des Neuen Testaments.
Mit der „Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen »Nostra Aetate«“ auf dem II. Vatikanischen Konzil korrigierte die katholische Kirche ihre Haltung gegenüber dem Judentum. Dennoch ist die Kritik an der „Bibel Israels“ (in ihrer christlich erweiterten Gestalt das „Alte Testament“) nicht verstummt, da in ihr mitunter Schriften des „Alten Bundes“ gesehen werden, die mit Jesus und dem „Neuen Bund“ überboten seien.
In diesem interdisziplinären Hauptseminar sollen in einer ersten Phase (7 Sitzungen von Februar bis April) zentrale Texte und Themen der jüdisch-christlichen Theologie behandelt werden. Die basale theologische Kategorie des „Bundes“ wird in Ex 24 und 34 etabliert (Mark). Zwar rühmt Paulus Israel wegen seiner göttlichen Erwählung (Röm 9-11), das von ihm geprägte Begriffspaar „alter – neuer Bund“ (2 Kor 3; 4) konnte jedoch leicht missverstanden werden und wurde so zum Haftpunkt für eine spätere feindselige Haltung gegenüber dem Judentum. Die Frage, ob Juden und Christen eine gemeinsame Heilige Schrift haben, soll aus judaistischer Sicht (Lenzen) aufgegriffen und an Hand ausgewählter Texte jüdischer Autoren problematisiert werden. Der Tenach ist für das Judentum Geschichtsbuch und Glaubenszeugnis, Bestandteil des Gottesdienstes und des Festtagskalenders, er ist lebendige Erfahrung und zukunftsweisende Erinnerung und besitzt einen identitätsstiftenden Charakter über die Generationen hinweg. Neben der jüdischen Lesart der „Hebräischen Bibel“ wird auch die Frage aufgegriffen, ob das Neue Testament als „Midrasch“ und als jüdisches Glaubenszeugnis zu deuten ist (vgl. Leo Baeck).
In einer zweiten Phase wird der Regensburger Alttestamentler Christoph Dohmen innerhalb einer Blockveranstaltung (6./7./9.5.) Fragen des Kanons, der biblischen Hermeneutik und des jüdisch-christlichen Dialogs erörtern und die Veranstaltung mit einem Vortrag zu Markion beschliessen (11.5.). Die Jerusalemer Übersetzerin Anne Birkenhauer wird in einem Vortrag die jüdische Textauslegung von Gen 1,1 vorstellen: Be-reschit / „Im Anfang schuf Gott …“ (10.5.). Ihren Auftakt wird diese Veranstaltung durch einen Vortrag von Kurt Kardinal Koch im Rahmen der Thomasakademie erhalten: „Jüdische und christliche Leseweisen der Bibel im Dialog“ (16.3.).