Neuberufen: David Neuhold im Gespräch
Seit hundert Tagen ist David Neuhold Professor für Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät. Im Interview berichtet er, wie er seinen Start in Luzern erlebt hat und was ihn in Lehre und Forschung beschäftigt.
David Neuhold, wie haben Sie sich an der Universität Luzern eingelebt?
David Neuhold: Ich denke, dass ich mich gut eingelebt habe. Von Vorteil war, dass ich schon einige Semester an der Universität Lehrbeauftragter gewesen bin und so einige Personen und Strukturen von dieser Zeit her kannte. Der Empfang war warm und herzlich, sowohl vonseiten des Rektorats, von der Verwaltung als auch der Fakultät. Natürlich fehlt mir etwas die Bündner Bergwelt, insbesondere der Calanda mit seinen 2805 Metern – direkt vor meiner Haustüre. Aber ich denke der Vierwaldstättersee ist mehr als nur ein Ersatz.
Was ist bisher Ihr Highlight?
Das erste Rigorosum*, an dem ich dabei sein durfte. Grossartig, was der Kandidat hier geleistet hat. Das gibt Hoffnung für die Zukunft der theologischen Wissenschaft. Überhaupt finde ich, dass wir es an der Universität mit Blick auf Doktorandinnen und Doktoranden mit motivierten und faszinierenden Personen zu tun haben. Sie sind unsere Zukunft und «schaffen» sehr konkret Wissen!
Welche Lehrveranstaltung führen Sie zurzeit durch und um was geht es da?
Das Lehrpensum ist nicht gerade gering. Neben einem Überblickskurs zu Epochen der Kirchengeschichte steht ein Einleitungs- bzw. Methodenkurs an. Was die Geschichte ausmacht und wie man den historiografischen Werkzeugkoffer ausstatten könnte, das ist im letztgenannten die Frage. Ein Spezialkurs zu Briefen als Quellen in der Kirchengeschichte, ein Privatissimum für speziell in der Kirchengeschichte Interessierte und ein Seminar zu Kaiser Konstantin († 337) runden das Feld ab. Im nächsten Semester freue ich mich auf das Rom-Seminar, gemeinsam mit der Päpstlichen Universität Gregoriana und der Universität Freiburg organisiert.
Woran forschen Sie momentan?
Es sind mehrere Dinge, die parallel laufen. Auch bin ich noch am Überlegen, wie ich mich ausrichte. Auf jeden Fall wird die Kirchengeschichte in der Schweiz in Zukunft im Zentrum stehen. Ich möchte kulturgeschichtlich vorgehen – wie z.B. in meinen motivgeschichtlichen Überlegungen zur Barfüssigkeit in der Kirchengeschichte. Hier in Luzern habe ich zum «letzten Ketzer», Jakob Schmidlin, geforscht und 2022 einen Film mitproduziert. In näherer Zukunft steht die grosse Buss- und Umkehrpredigt des Jesuiten Fulvio Fontana im Fokus. 1705 hat er hier die Stadt etwas auf den Kopf gestellt und die Massen elektrisiert.
Und was steht in Zukunft an?
Es heisst immer: Der Historiker bzw. die Historikerin ist kein Prophet. Was die Zukunft bringt, das weiss keine(r). Ich persönlich glaube, alles liegt in Gottes Hand. Grosse Freude habe ich jedenfalls an Zusammenarbeit und Kooperation und, wie am Anfang gesagt, mit Doktoratsprojekten. Dass sich hier am Lehrstuhl sehr positive Signale zeigen, ist ermutigend. Und natürlich profitiere ich von meinem Vorgänger. Kirchenhistorische Dissertationen, auch mit Bezug zur Zentralschweiz, sind am Entstehen. Selber überlege ich, meine eigenen Forschungen der letzten 20 Jahre neu zu «revidieren» und so zu vertiefen. Die Universität Luzern bietet mir dafür die Möglichkeit. Dafür bin ich dankbar.
*Ein Rigorosum ist die Schlussprüfung zur Erlangung eines akademischen Grades, normalerweise des Doktorgrades. Doktorandinnen und Doktoranden der Theologischen Fakultät der Universität Luzern werden nach Annahme ihrer Dissertation durch das zuständige Gremium zum Rigorosum zugelassen. Die mündliche Prüfung erfolgt dabei nicht nur im Promotionsfach, sondern wird auch in zwei Wahlbereichen durchgeführt.