«Majestätische Berge»: Abschluss Forschungsprojekt
Die Dissertation «Habsburg als Touristenmagnet» ist soeben als Buch erschienen. Dies markiert die erfolgreiche Beendigung einer vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderten geschichtswissenschaftlichen Studie.
Für die Vertreter und Vertreterinnen der Aufklärung waren die Alpen Sinnbild republikanischer Freiheit. In der Romantik änderte sich der Wertekanon. Nun betonte man im alpinen Kontext vermehrt die Ergebenheit und Treue der einheimischen Bevölkerung gegenüber den tradierten Herrschaften. Eine neuartige Verbindung von Alpen und Monarchie entstand – die Alpen nahmen majestätische Züge an.
Die Erforschung dieses Themenkomplexes steht im Zentrum des Forschungsprojekts «Majestätische Berge? Monarchie, Ideologie und Tourismus im Alpenraum 1760–1910». In diesem Rahmen sind drei Publikationen entstanden: zum einen zwei Dissertationen, «Habsburg als Touristenmagnet. Monarchie und Fremdenverkehr in den Ostalpen 1820–1910» (publiziert im Juli 2021) von Ursula Butz und «Die Macht auf dem Gipfel. Alpentourismus und Monarchie 1760–1910» (2020) von Eva Bachmann (beide bei Böhlau, Wien). Zum anderen war bereits früher «Majestätische Berge. Die Monarchie auf dem Weg in die Alpen 1760–1910» veröffentlicht worden (2018; Hier und Jetzt, Zürich; mehr Informationen). Dies von Projektleiter Prof. Dr. Jon Mathieu, (inzwischen) emeritierter Titularprofessor für Geschichte mit Schwerpunkt Neuzeit, gemeinsam mit den beiden Forscherinnen. «Majestätische Berge?» wurde von 2014 bis 2017 vom SNF mit total 367'000 Franken (gerundet) gefördert. Somit war es Ursula Butz und Eva Bachmann möglich, ihre Doktorarbeiten auf entlöhnter Basis zu realisieren.
Einflussreiche kaiserliche Aufenthalte
Betätigten sich die Habsburger und Habsburgerinnen durch ihre alpinen Reisen als frühe Influencer? Ursula Butz hat in «Habsburg als Touristenmagnet» den Einfluss dieser Reisen auf den lokalen Fremdenverkehr der Kurorte Bad Ischl, Meran und Reichenau an der Rax und auf das touristische Verhalten der österreichischen Gesellschaft für den Zeitraum von 1820 bis 1910 untersucht. Die seit Mitte des 18. Jahrhunderts in Europa aufkommende Alpenbegeisterung, begünstigt von der Aufklärung und den bürgerlichen Freiheitsidealen, erfasste auch die österreichische Monarchie. Im Übergang zum 19. Jahrhundert waren die Habsburger in den zu ihrem Kaiserreich gehörenden Ostalpen zunehmend präsent. Während in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihre Besuche in den Alpen der Verwaltung und der Kontrolle dienten, standen ab Mitte des 19. Jahrhunderts Erholung und Entspannung im Vordergrund. Anhand der Orte Bad Ischl im Salzkammergut, Meran in Südtirol und Reichenau an der Rax (inklusive Semmering) wurden diese regelmässigen Aufenthalte der Kaiserfamilie in den Ostalpen auf ihre magnetische Wirkung hin untersucht: Mit der erhöhten Aufmerksamkeit durch die kaiserlichen Besuche entwickelten sich einerseits die Ortsbilder, die Infrastruktur und der Fremdenverkehr in den Kurorten unterschiedlich. Andererseits veränderte sich das Reiseverhalten der österreichischen Gesellschaft. Mehr Informationen und «Open Access»-Abruf
Italienische und britische Königshäuser
Die Alpenbegeisterung, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Europa aufkam, stand stark unter dem Einfluss der Aufklärung und ihrer bürgerlichen Freiheitsideale. Seit dem frühen 19. Jahrhundert gab es neben dieser Gleichsetzung von Bergen und republikanischer Freiheit aber auch konkurrierende romantische Strömungen, welche zur Monarchie tendierten und die Ergebenheit und Treue der alpinen Gesellschaften hervorhoben. Der Alpenraum wurde nun auch von den europäischen Königshäusern bereist. Doch inwiefern reflektierten diese aufkommenden Alpenreisen gesamtgesellschaftliche Veränderungen von kulturellen Präferenzen und Lebensstilen? Eva Bachmann untersucht in «Die Macht auf dem Gipfel» anhand von Fallstudien die bislang wenig beachteten Reisen der britischen und italienischen Monarchie in die Alpen und durch den komparatistischen Ansatz zudem die Fragen, ob die Alpen gegenüber anderen Destinationen eine Sonderrolle einnahmen und ob sich die Reisen und Auftritte der landesexternen und -internen Machtträgerinnen und -träger unterschieden – von den illustren Jagdexkursionen des italienischen Königs Vittorio Emanuele II. über die Inkognito-Flucht der britischen Königin Victoria in die Alpenwelt bis hin zu den abenteuerlichen Bergbesteigungen der italienischen Königin Margherita. Mehr Informationen und «Open Access»-Abruf
Sowohl Dr. Eva Bachmann als auch Dr. Ursula Butz hatten vor ihrem Doktorat an der Universität Luzern Geschichte studiert. Eva Bachmann engagiert sich seit ihrem Studium im Verein Frauenstadtrundgang Luzern. Sie arbeitete zunächst im Staatsarchiv Bern und ist seit 2020 wissenschaftliche Archivarin im Staatsarchiv Luzern. Dr. Ursula Butz erschloss parallel zum Studium kommunale und kantonale Bestände von Appenzell Ausserrhoden. Seit 2017 arbeitet sie im Staatsarchiv Appenzell Ausserrhoden als wissenschaftliche Archivarin.