Rechtswissenschaftliche Dissertation ausgezeichnet

Dr. iur. Diego Langenegger hat den Professor Walther Hug-Preis für seine Doktorarbeit erhalten, die er an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Luzern verfasste.

Preisträger Dr. iur. Diego Langenegger (rechts im Bild) und Prof. Dr. Lorenz Droese, Mitglied des Stiftungsrats der Professor Walther Hug Stiftung, an der Preisverleihung

Der prestigeträchtige Professor Walther Hug-Preis wird jährlich für die besten juristischen Doktorarbeiten verliehen, die an Schweizer Universitäten verfasst werden. Er dient der Förderung der rechtswissenschaftlichen Forschung. Diego Langenegger durften die Auszeichnung am 12. Dezember 2024 im Rahmen des Jahresschlussessens der Fakultät entgegennehmen.

In seiner über 700-seitigen Doktorarbeit befasst sich Diego Langenegger eingehend mit der sogenannten «antizipierten Beweiswürdigung» im Schweizerischen Strafprozess. Eine solche nimmt das Gericht vor, wenn es bereits vor der Aufnahme eines bestimmten Beweismittels eine Einschätzung darüber abgibt, ob es tatsächlich dazu beitragen kann, die Sachlage zu klären. Gestützt darauf kann das Gericht das beantragte Beweismittel ablehnen, wenn es der Ansicht ist, dieses könne nichts mehr zur Aufklärung der Sachlage beitragen.

Die antizipierte Beweiswürdigung ist im strafprozessualen Beweisantragsrecht ein Dauerthema. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung und der Gesetzgeber erlauben sie trotz weitreichender Kritik von Seiten der herrschenden Lehre. Diese ist sich einig, dass die gegenwärtige Praxis zur antizipierten Beweiswürdigung in einem modernen Strafprozess unhaltbar ist. So könne es z.B. grundsätzlich nicht sein, dass Staatsanwaltschaften und Gerichte beantragte Entlastungsbeweise (z.B. Zeugeneinvernahmen) ablehnen dürfen, nur weil sie bereits aufgrund vorliegender Beweise vom Gegenteil der vorgebrachten Beweisbehauptung überzeugt sind. Zugleich besteht aber kein Konsens darüber, was antizipierte Beweiswürdigung ausmacht und in welcher Verbindung diese mit den einzelnen Ablehnungsgründen nach Art. 139 der Strafprozessordnung (StPO) steht. Dazu zählen etwa die Untauglichkeit des Beweismittels oder der Umstand, dass die im Beweisantrag vorgebrachte Beweisbehauptung bereits erwiesen ist. Die unter der Betreuung von Prof. Dr. Jürg-Beat Ackermann entstandene Arbeit befasst sich in der Folge eingehend mit den gesetzlichen Ablehnungsgründen und zeigt auf, wie diese zu verstehen sind, was antizipierte Beweiswürdigung ausmacht und welchen Raum sie bei den einzelnen Ablehnungsgründen nach Art. 139 Abs. 1 und Abs. 2 StPO tatsächlich einnimmt. Dabei zeigt sich, dass das in der Praxis gelebte Beweisantragsrecht seine ursprünglich angedachte Kraft und Bindungswirkung nicht mehr zu entfalten vermag. Zugleich sind aber eben nicht alle Anwendungsmöglichkeiten der Ablehnungsgründe nach Art. 139 StPO und der antizipierten Beweiswürdigung problembehaftet.

Auf die Auszeichnung angesprochen, meint Diego Langenegger: «Der Professor Walther Hug Preis ist für mich eine grosse Ehre.» Es freue ihn sehr, dass eine Arbeit zu einem Thema, das vor allem in der Praxis für viel Diskussionsstoff sorge, auf wissenschaftlicher Ebene Anerkennung finde. «Es bleibt zu hoffen, dass meine Überlegungen zu weiteren Diskussionen und Entwicklungen anregen können», so Langenegger weiter.

Langenegger, Diego
Antizipierte Beweiswürdigung und die Ablehnungsgründe nach Art. 139 StPO. Entwicklung, Verhältnis und Anwendung.
Luzerner Beiträge zur Rechtswissenschaft, 174. Schulthess, Zürich, 2023

Mehr Informationen (Verlagswebsite)

Preisträgerinnen und Preisträger 2024 (Website der Professor Walther Hug Stiftung)