3. Tagung zum Recht und Management der Energiewirtschaft
Am 7. Februar 2020 fand an der Universität Luzern unter der Organisation von Herrn Prof. Dr. Sebastian Heselhaus und Herrn Dr. Markus Schreiber die dritte Tagung zum Recht und Management der Energiewirtschaft statt.
Die Tagung war Bestandteil der Forschung an der Luzerner Kompetenzstelle für Energierecht (Competence Center for Energy Law Lucerne, CELL), welche im Rahmen des von der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung (Innosuisse) geförderten SCCER CREST tätig ist, des Zentrums für Recht und Nachhaltigkeit (Center for Law and Sustainability, CLS) sowie des Instituts für Wirtschaft und Regulierung (WiRe). Eröffnet wurde die Tagung nach einem Grusswort von Dekan Prof. Dr. Andreas Eicker durch Prof. Dr. Sebastian Heselhaus.
Möglichkeiten zur Flexibilisierung des Wasserzinses
Als erster Referent führte Dr.Michel Piot, Energiewirtschafter und Mitarbeiter der Geschäftsstelle beim Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband SWV, die Möglichkeiten zur Flexibilisierung des Wasserzinses aus. Nach einer ersten Einführung in das Thema anhand der gesetzlichen Grundlagen und der Geschichte des Wasserzinsmaximums erörterte er die aus seiner Sicht bestehende Diskrepanz zwischen der ökonomischen Logik und der politischen Realität des Wasserzinses. Sodann veranschaulichte der Referent die verschiedenen Vorschläge des Kantons Graubünden, des SWV und des BFE. Eine Flexibilisierung des Wasserzinses sei in dem Sinne angezeigt, dass sich ein fixer Teil für die Nutzung der Ressource und ein variabler Teil in Abhängigkeit des Wertes der Ressource berechnet.
Der Entwurf des Gasversorgungsgesetzes
Im Anschluss berichtete Dr. Mischa Morgenbesser, Partner bei Badertscher Rechtsanwälte, über den Entwurf des Gasversorgungsgesetzes. Nach einem Überblick über die aktuellen gesetzlichen Grundlagen erläuterte er die wichtigsten Eckpunkte der Vorlage des GasVG. Im Zentrum standen dabei die dauernde Teilmarktöffnung (Öffnung des Gasmarkts für Kunden ab einem jährlichen Verbrauch von min. 100 MWh), der Netzzugang und die Kapazitätsvergabe, die Netzkosten und der Netznutzungstarif. Der Referent verdeutlichte dabei die aktuellen Unsicherheiten über die endgültige Ausgestaltung des Gesetzes.
100% erneuerbare Energien im liberalisierten Markt: Das Beispiel Basel-Stadt
Den zweiten Block leitete Matthias Nabholz, Leiter Amt für Umwelt und Energie (AUE) Kanton Basel-Stadt, mit der Rolle der erneuerbaren Energien im Kanton Basel-Stadt unter dem Motto «Basel tickt anders» ein. Er ging dabei auf die Neuerungen in Form des Energiegesetzes und der dazugehörigen Verordnung ein. Das Basler Recht verlangt u.a. von Endverbrauchern im freien Markt, ihren Strombezug zu 100 % durch Herkunftsnachweise für erneuerbare Energie zu decken. Gemäss dem Referenten ändert dies in Bezug auf den Vollzug wenig, da auch die Strombezüger auf dem freien Markt ohnehin hauptsächlich erneuerbaren Strom einkaufen.
Zur Zulässigkeit von "Erneuerbare Energien" Vorgaben - Pflicht zum Kauf von 100% Erneuerbaren
Dr. Michael Merker, Partner bei Baur Hürlimann Rechtsanwälte, untersuchte im Anschluss die Frage, inwiefern solche kantonale Vorgaben zur hundertprozentigen Deckung mit Herkunftsnachweisen für erneuerbare Energien zulässig sind. Dabei könne es zur Kollision mit übergeordnetem Recht kommen. Der Referent untersuchte insofern die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung in Bezug auf die Energieversorgung. Der Referent vertrat dabei die Ansicht, dass solche Vorgaben mit dem bundesrechtlich vorgesehenen (nur) schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie kollidieren können.
Besteuerung von Photovoltaikanlagen
Dr. Marlene Kobierski, Koordinatorin Besteuerung Privatpersonen bei der Steuerverwaltung des Kantons Bern, berichtete über die Besteuerung von Photovoltaikanlagen im Kanton Bern im Anschluss an zwei aktuelle Bundesgerichtsentscheide. Dabei ging sie in einem ersten Schritt auf die vorherige Berner Steuerpraxis ein. Weiter erläuterte die Referentin die neue Berner Steuerpraxis nach den Berner Urteilen zu den Photovoltaikanlagen und den darauffolgenden Bundesgerichtsentscheiden BGer 2C_510/2017 und 2C_511/2017. Die Referentin erörterte dabei die Unterscheidung zwischen Aufdachanlagen und Indachanlagen in Bezug auf die Behandlung als bewegliches Vermögen oder als Bestandteil der Liegenschaft. Darüber hinaus erläuterte sie die steuerrechtliche Einordnung von Einkünften aus Photovoltaikanlagen einschliesslich Vergütungen und Subventionen.
Erneuerbare Energien im neuen Strommarktdesign
Als nächster Referent thematisierte Dr. Michael Beer, Senior Manager Regulatory & Public Affairs bei der Centralschweizerische Kraftwerke AG (CKW), die erneuerbaren Energien im neuen Strommarktdesign. Es ging dabei um die Frage, wie im neuen Strommarktdesign, nach dem Ausstieg aus der Kernenergie, der Energiebedarf in der Schweiz zu decken ist. Dies veranschaulichte er mit Beispielen zum Importbedarf nach dem Atomausstieg wie auch mit antizipierten Modellen zu Produktion und Verbrauch mit dem eingerechneten Ausbau an Erneuerbaren Energien und der Elektrifizierung des Energiever-brauchs. Es bestehe Bedarf an neuen Produktionskapazitäten in der Schweiz, dies besonders im Winter. Anschliessend diskutierte der Referent mögliche Lösungsansätze. Dabei kam er zum Schluss, dass zur Förderung von Neuanlagen und auch von Erweiterungen Einspeiseprämien besser geeignet seien.
Die Bedeutung des EU-Green Deal für die Energiebranche: verdeckte Revolution oder heisse Luft?
Zum Abschluss der Tagung informierte Prof. Dr. Sebastian Heselhaus, Ordinarius für Europarecht, Völkerrecht, Öffentliches Recht und Rechtsver-gleichung an der Universität Luzern, über die Bedeutung des im Dezember des letzten Jahres vorgestellten European Green Deals. Er erläuterte dazu die wichtigsten Eckpunkte (unter anderem das klimaneutrale Europa 2050, nachhaltige und smarte Mobilität und die Kreislaufwirtschaft) und nahm eine Analyse der einzelnen Elemente vor. Gesamthaft könne festgehalten werden, dass der Deal regulatorisch eine Weiterentwicklung des bisherigen Ansatzes im Energierecht darstelle, aber auch neue, umfassendere Finanzierungsmöglichkeiten vorsehe.
Fazit
Die Organisatoren blicken auf einen erfolgreichen Tag mit vielen anregenden Vorträgen, interessanten Diskussionen und Teilnehmenden aus verschiedensten Tätigkeitsbereichen zurück und sehen gespannt der Energierechtstagung im nächsten Jahr entgegen. Die Beiträge der diesjährigen Tagung werden im Dike-Verlag als Teil der Schriften zum Energierecht (SzE) erscheinen.