Wir wissen sehr viel, aber noch viel mehr wissen wir nicht. Und immer wieder irren wir uns auch. Irren ist menschlich. Unwissenheit auch. Eine Liste von Beispielen für Unwissenheit, Ignoranz und Irrtum wäre schier unendlich. Wie sollten wir mit diesen Befunden umgehen? Was sagt die Philosophie dazu?

In der Antrittsvorlesung zeige ich zunächst, dass wir Menschen bereits einige Methoden zum Umgang mit Unwissenheit und Irrtum haben, und dass Unwissenheit und Irrtum nicht immer schlecht sind. Manch ein Fehler oder Umweg hat zu einem guten Ziel geführt. Im darauffolgenden Schritt entwickle ich aus der Geschichte der Philosophie zentrale Vorschläge, wie mit Unwissenheit und Irrtümern umzugehen ist. Auf dieser Grundlage argumentiere ich dafür, dass es Räume gibt, in denen mit Unwissenheit und Irrtümern produktiv umgegangen werden kann. Die Aufgabe für uns als Individuen und als Gesellschaft ist es, gemeinsam solche Räume zu schaffen und mit Leben zu füllen.

Prof. Dr. Nadja El Kassar
Professorin für Theoretische Philosophie

Nadja El Kassar ist seit 1. April 2023 Professorin für Philosophie mit Schwerpunkt Theoretische Philosophie an der Universität Luzern. Im August 2020 erhielt sie die Venia Legendi für Philosophie von der ETH Zürich für eine Arbeit über den vernünftigen Umgang mit Unwissenheit. Sie studierte an der Universität Dortmund (2003–2007) und wurde im August 2013 an der Universität Potsdam promoviert. Forschungsaufenthalte führten sie nach Warwick und New York. Sie war Postdoc an der ETH Zürich (2013–2019), Universität Zürich (2019–2020) und Gastprofessorin an der FU Berlin (2020–2023).

Ihre Forschungsschwerpunkte liegen derzeit in der Erkenntnistheorie, insbesondere bei Fragestellungen zu Unwissen(heit), epistemischer Ungerechtigkeit und intellektuellem Selbstvertrauen.